Facebook wird versuchen, beim Börsengang bis zu zwölf Milliarden Dollar bei Investoren einzusammeln. Nach dem am Donnerstag veröffentlichten Börsenprospekt soll die Preisspanne für die Aktien zwischen 28 und 35 Dollar betragen. Daraus ergibt sich ein Börsenwert zwischen 77 und 100 Mrd. Dollar. Der Handel soll in spätestens zwei Wochen starten. Zum Vergleich: Facebook überträfe dann den Börsenwert von Hewlett-Packard und Dell und läge knapp unter dem von Amazon. Nach einem Bericht von Handelsblatt kann damit gerechnet werden, dass bis zu 25% der Aktien auch Kleinanlegern zugeteilt werden könnten. Wie deutsche Anleger an Aktien kommen könnten, hatte jüngst der Spiegel aufgezeigt.
Für uns von futurebiz ist vor allem die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells von Interesse: Worauf basiert die derzeitige Bewertung und welches Potential steckt in dem Unternehmen. Wie hatten ja in der Vergangenheit schon öfter das Geschäftsmodell analysiert. Die o.g. Bewertung ist mit der Nutzerzahl, Reichweite und dem Anzeigengeschäftsmodell alleine definitiv nicht zu begründen. Nach unserer Einschätzung beruht das Potential von Facebook und damit auch die Bewertung vor allem auf dem open graph bzw. der „Personalisierung des Internets“:
a) Identität der Nutzer:
Facebook weiß, wer 1 Mrd. Nutzer sind: Statt IP Adresse und Cookies hat Facebook den echten Namen, Alter, Geschlecht und Wohnort, da die allermeisten Nutzer mit validen Daten arbeiten
b) Soziale Beziehungen der Nutzer:
Da die Facebook Freunde beim durchschnittlichen Nutzer auch einen wesentlichen Bestandteil des realen sozialen Netzwerkes abbilden dürften, kennt Facebook auch die sozialen Beziehungen der Nutzer.
c) Verhalten der Nutzer:
Facebook sammelt auf der eigenen Webseite Verhaltensdaten der Nutzer, über die mobilen apps Aufenthaltsdaten (checkins) und vor allem (!) über die open graph apps Verhaltensdaten auf Drittwebseiten (also z.B. welche Musik hört der Nutzer auf Spotify).
In Summe und nur in Bezug auf den deutschen Markt: Facebook weiß von 50% der aktiven Internetpopulation wer die Nutzer wirklich sind, was sie tun und kann dies in Beziehung zu den echten Freunden der Nutzer setzen:
Böse formuliert ist das Geschäftsmodell von Facebook also der Handel mit Daten. Aber natürlich wird Facebook diese nicht verkaufen, sondern vor allem das Advertising in ähnlicher Weise revolutionieren, wie es einst Google gelungen ist.
Ein Blick in die Zukunft: Der Betreiber einer Webseite wird die Wahl haben, ob er eine Anzeigenleiste von Google oder Facebook bei sich einbindet. Die Entscheidung wird davon abhängen, welche Anzeige besser klickt. Die Google Anzeigen funktionieren als sog. kontextsensitive Anzeigen, d.h. es erscheinen nur solche Adsense Anzeigen, die zu den Inhalten der Website passen. Eine Facebook Anzeigenleiste könnte als „Soziale Anzeige“ mehr; denn sofern der Nutzer bei Facebook eingeloggt ist, kann die Anzeigenleiste diesen identifizieren und kann dem Nutzer nun Dinge anzeigen, die seine echten Freunde interessieren. Ist die Webseite z.B. eine Buchcommunity könnte die Facebook Anzeigenleiste dann Bücher anzeigen, die Freunde des Nutzer gekauft oder empfohlen haben. Diese Information hat sich Facebook über eine open graph app geholt, die z.B. ein Buchshop betreibt. Wenn – und davon ist auszugehen – die Facebook Anzeige besser klickt, dann integriert der Webseiten Betreiber diese und auch der Verlag wir mehr Anzeigen bei Facebook schalten.
Dies ist aber nur ein Modell, wie die o.g. Nutzerdaten kommerzialisiert werden. Weitere soziale Anzeigenmodelle werden vor allem auch in der mobilen Nutzung entstehen. Facebook hat Zeit. Das Unternehmen ist immer noch in der Aufbauphase und bedacht, den Datenpool weiter aufzubauen.
Geschäftsführer der Agentur BRANDPUNKT sowie Gründer / Autor von Futurebiz.
Brandpunkt ist eine Berliner Agentur für Digitale Markenführung & Social Media.