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Gipfel der überzogenen Erwartungen? Clubhouse und der Audio-Chat-Hype

Die social Networking App Clubhouse wurde im Mai 2020 veröffentlicht. Kurz nach der Veröffentlichung hat das neue soziale Netzwerk in den USA sowohl für positive als auch für negative Schlagzeilen gesorgt.

Ziemlich genau sechs Monate nach der Veröffentlichung ist der Clubhouse Hype auch in Deutschland im vollen Gange. Aber was ist Clubhouse überhaupt? Wie unterscheidet es sich zu anderen sozialen Netzwerken? Kann Clubhouse den Hype-Cycle überstehen? Oder wird Clubhouse zum nächsten Peach, Vero und Co.?

Clubhouse – ein soziales Netzwerk für Audio-Konversationen

Clubhouse bezeichnet sich selbst als soziales Netzwerk, in dem zu jederzeit Gespräche mit Freunden und anderen interessanten Personen gestartet werden können.

„Clubhouse is a space for casual, drop-in audio conversations—with friends and other interesting people around the world. Go online anytime to chat with the people you follow, or hop in as a listener and hear what others are talking about.“

Der Kern von Clubhouse sind Chaträume zu den unterschiedlichsten Themen. Anders als Chaträume in Messaging Apps und auch Facebook Gruppen findet der Dialog aber rein über Audio statt. Es werden also keine Bilder, Videos, Gifs und Textbeiträge für den Austausch genutzt, sondern die Teilnehmer:Inner eines Clubhouse Rooms sprechen miteinander.

Wer Clubhouse erstmalig installiert, wird dazu aufgefordert, mindestens 25 Personen zu folgen, damit genügend Content zur Verfügung steht. Zusätzlich fragt Clubhouse Interessen ab, welche für Account-Empfehlungen genutzt werden.

Die Interessen spielen auch für die Suche nach Chaträumen eine wichtige Rolle. Gibt es aktuell keine Rooms von eigenen Kontakten, kann die Suche eingesetzt werden. So gibt es zum Beispiel die Kategorien Knowledge, Sprachen, Sport, Entertainment, Tech, Wellness und so weiter.

An dieser Stelle kann ich euch nur empfehlen, eure eigene Bubble einmal zu verlassen und etwas Zeit in die Suche nach anderen Accounts und Chaträumen zu investieren. Anstatt immer nur den gleichen Personen in allen sozialen Netzwerken zu folgen, schaut euch etwas um und abonniert beispielsweise ein paar Accounts aus den USA. Die sind nämlich bereits aus der „das ist Clubhouse-Phase“ heraus und es stehen Diskussionen und ein spontaner Austausch zu den unterschiedlichsten Themen im Vordergrund.

Clubhouse Hype in den USA schon wieder deutlich zurückgegangen

Während Clubhouse aktuell (Stand 18. Januar 2021) in Deutschland auf Platz 2 im App Store rangiert und nur noch die Messaging App Signal eine stärkere Nachfrage aufweist, hat sich der Hype in den USA bereits wieder normalisiert.

Im US-App-Store findet man Clubhouse auf Platz 65 (Stand 18. Januar 2021). Das soll euer aktuelles Interesse nicht schmäler, aber die Entwicklung von Clubhouse etwas einordnen. Was ein Platz 65 aber immer noch bedeutet, zeigen Platz 61 der Amazon Alexa App und Platz 69 von Uber. Aber auch der erste Platz von TikTok, welcher seit Monaten verteidigt wird.

App-Store Ranking von Clubhouse: Deutschland vs. USA

Audio steht auch bei anderen sozialen Netzwerken hoch im Kurs

Wie bei jedem aufstrebenden sozialen Netzwerk stellen sich folgende Fragen: Wie lange bleibt der Hype bestehen? Wer kopiert als Erstes die Kernfunktion?

Die Entwicklung des Hypes ist in den USA schon abgeflacht. Das muss aber nicht zwingend bedeuten, dass es in Deutschland nicht anders laufen kann.

Eine Sache ist aber bereits passiert. Twitter hat die Kernfunktion von Clubhouse kopiert. Die sogenannten Twitter Spaces gibt es seit Dezember 2020 und sind nahezu identisch zu einem Clubhouse Room. Aber warum ist dann kein Hype um Twitter Spaces entstanden?

Wie so oft bei neuen Funktionen werden diese erst mal mit einem kleineren Nutzerkreis getestet. So auch bei Twitter Spaces. Anscheinend ist der Nutzerkreis aber so klein, dass ich seit dem Start nur zwei Twitter Spaces überhaupt gesehen habe. Das kann jetzt gegen Twitter oder gegen das Format von Audio-Chaträumen sprechen.

Schaut man sich den aktuellen Hype an, dann hat Twitter es verschlafen, die Funktion mehr Nutzer:Innen zur Verfügung zu stellen. Wenn man daran denkt, wie lange Twitter für den Rollout von Fleets gebraucht hat, sollten Spaces frühestens zur Jahresmitte 2021 bei mehr Nutzer:Innen zur Verfügung stehen. Bei Twitter weiß man es aber nie.

Was man Clubhouse nicht absprechen kann, ist der Fokus auf Audio. Wir haben Podcasts, Sprachnachrichten in Messaging Apps, Smart Speaker und auch Features in sozialen Netzwerken wie Audio Tweets. Ja, auch hier ist Twitter bereits aktiv und das bestärkt den Eindruck, dass Twitter Clubhouse sehr genau beobachtet.

Hinzu kommt, dass Clubhouse Audio und Live miteinander verbindet. Wer bei einer Diskussion auf Clubhouse nicht dabei ist, hat sie verpasst und kann sich diese im Nachhinein nicht mehr anhören. Aus diesem Grund sind regelmäßige Formate auf Clubhouse auch so spannend. Des Weiteren ist die Kommunikation von Events auf und außerhalb von Clubhouse wichtig, um die nötige Aufmerksamkeit zu generieren.

Clubhouse fordert eine höhere Aufmerksamkeit

Während man sich auf Twitter, Instagram, TikTok und Co. öfter dabei erwischt, dass man zwar durch den Feed scrollt, aber sich nicht wirklich auf die Inhalte konzentriert, funktioniert auf Clubhouse nicht. Beziehungsweise verliert Clubhouse seinen Mehrwert. Clubhouse verlangt eine andere Aufmerksamkeit. Wenn man den Gesprächen nicht folgt, dann kann man Clubhouse zwar im Hintergrund laufen lassen, aber wirklich Spaß macht das Ganze dann nicht.

Aus diesem Grund wird es Clubhouse schwerer als beispielsweise ein TikTok haben, wo der Unterhaltungsfaktor sofort gegeben ist und es keine Rolle spielt, wann man die App verwendet. Der Suchtfaktor und die hohe Nutzeraktivität sind zwei der großen Stärken von Instagram und auch TikTok. Man checkt mehrmals pro Tag den Feed oder schaut sich Stories an. Es gibt immer genug Inhalte. Bei Clubhouse sieht es anders aus. Zwar wird die App bestimmt mehrmals täglich geöffnet, doch sicher auch einige male genauso schnell wieder geschlossen. Eben dann, wenn es gerade keine interessanten Chaträume gibt, oder man den Anfang verpasst hat. Die Moderation eines Clubhouse Chatraumes darf also nicht unterschätzt werden. Einmal um über einen längeren Zeitraum die Spannung zu halten und auf der anderen Seite neuen Personen im Chatraum eine Art Rückblick zu liefern.

Die „Stickiness“ anderer sozialer Netzwerke hat Clubhouse damit nicht. Gibt es aber spannende Themen in einem Chatraum, dann wird die Verweildauer dafür schnell nach oben gehen.

Das muss aber auch nicht sein und wir können froh darüber sein, dass Clubhouse einen anderen Ansatz verfolgt und keine weitere vertikale Video App ist.

Probiert Clubhouse auf jeden Fall aus (wenn ihr ein iPhone habt). Schaltet euch zu verschiedenen Chaträumen dazu, sucht nach interessanten Personen und mach euch euren eigenen Eindruck. Fakt ist aber, dass es für Clubhouse nicht einfach werden wird. Twitter steht schon in den Startlöchern und wir kennen Facebook, die erfolgreiche Funktionen aus anderen Apps und sozialen Netzwerken schnell in die eigenen Kanäle integrieren.

Weitere Artikel und Leseempfehlungen zu Clubhouse findet ihr von Tim Ebner bei AllFacebook und bei Thomas Hutter.

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