Soziale Netzwerke werden auch immer öfter von Behörden eingesetzt. Sei es um Nutzer mit aktuellen Inhalten anzusprechen, den Dialog zu suchen, oder auch mit Nutzern zusammenzuarbeiten. Allerdings müssen Behörden hierfür ihre Komfortzone verlassen und sich an die Bedingungen von Facebook und Co. anpassen. Auch Behörden benötigen eine eigene Bildsprache und müssen sich über neue Funktionen und Trends des Social Web informieren. Ein gutes Beispiel für den Auftritt einer Behörde ist die Bundeswehr auf Facebook.
Aber wie unterscheidet sich die Arbeit eines Social Media Managers einer Behörde, von der Arbeit eines Social Media Managers von einem B2C Unternehmen. Marco Jahn ist Social Media Manager der Bundeswehr. Im Interview erklärt Marco wie die Bundeswehr auf Facebook agiert, welche weiteren Kanäle eine wichtige Rolle spielen und welche Ziele auf Facebook verfolgt werden.
Marco, Behörden haben es auf Facebook nicht immer leicht. Was macht die Bundeswehr auf Facebook aus und welche Ziele werden mit der Facebook Seite verfolgt?
Marco Jahn: Behörden müssen auf Facebook Abstand nehmen vom staubigen Image, dann funktioniert es auch im Social-Web. Behördendeutsch hat für uns nichts auf Facebook zu suchen. Ein humorvoller Kommentar schon eher. Unsere Seite zeichnet sich durch einen authentischen und breitgefächerten Einblick in die Aufgaben der Bundeswehr und das Leben der Soldaten, auch im Einsatz, aus. Dazu nutzen wir die gesamte Bandbreite der verfügbaren Medien. Bilder, Videos, Artikel und Audiofiles. Hauptziel ist dabei nicht die Nachwuchswerbung, sondern die Informationsarbeit. Wer unsere Seite besucht, dem wird schnell auffallen, dass Dialog für uns eine Herzensangelegenheit ist. Ein Facebook-Auftritt lebt von Dialog und Interaktion. Wer sich dieser entziehen will, der sollte eher auf einen statischen Webauftritt setzen.
Behörden sind für ihre klaren Strukturen und Vorgaben bekannt. Welche Auswirkungen hat das auf die Facebook Strategie? Sind die Vorgaben förderlich, oder eher hinderlich?
Marco Jahn: Ich denke, dass gerade die klaren Strukturen der Bundeswehr ein gutes und geordnetes Arbeitsumfeld schaffen. Feste Abläufe und Pläne helfen ungemein in einer immer schneller werdenden Medienwelt am Ball zu bleiben. Was die operative Ausgestaltung und Bespielung unserer Kanäle angeht hat unser Team die nötigen Freiheiten und genießt das Vertrauen unserer Vorgesetzten, um unseren Fans einen zielgruppengerechten und abwechslungsreichen Contentmix zu präsentieren zu können. Schwierig wird es immer dann, wenn die herausfordernde Schnelligkeit des Social Web durch komplexe Mitprüfungen und zeitaufwändige Freigabeentscheidungen verlangsamt wird. Gerade bei einem Krisenthema kann das sehr frustrierend sein, wie zum Beispiel mein Kollege Andreas Jensvold schon erleben durfte. Hier treffen eben zwei Welten aufeinander, die zu verbinden auch unsere Aufgabe ist.
Welchen Stellenwert nehmen Facebook und andere soziale Netzwerke bei der Bundeswehr ein?
Marco Jahn: Die sozialen Netzwerke nehmen einen wichtigen Platz im Gesamtpaket der internen und externen Kommunikation der Bundeswehr ein. Nur hier können wir so nah am Bürger, aber auch an den Kameraden und zivilen Angehörigen der Bundeswehr sein und so unmittelbar in den Dialog treten. Besonders bei den jüngeren Zielgruppen sind sie unser reichweitenstärkstes Medium.
Wie denkt die Bundeswehr über die Reduzierung der organischen Reichweite und wie steht ihr zu Facebook Anzeigen? (z.B. Promoted Posts)
Marco Jahn: Wir haben für Facebook-Anzeigen bisher noch nicht einen Cent ausgegeben und können darauf auch stolz sein. Ich muss sagen, dass ich die Aufregung um die organische Reichweite nicht immer nachvollziehen kann. Emotionale, einmalige und spannende Inhalte erzeugen auch heute noch wirklich gute organische Reichweiten. Uns gelingt es noch immer regelmäßig Reichweiten über 100 Prozent der eigenen Fans zu generieren. Am besten funktioniert unterhaltsamer Content gepaart mit zusätzlicher Information. Die Menschen möchten unterhalten werden und wir wollen sie informieren. Warum nicht beides kombinieren?
[Tweet „Emotionale, einmalige und spannende Inhalte erzeugen auch heute gute organische Reichweiten.“]
Auf welchen Kanälen ist die Bundeswehr noch aktiv und gibt es Unterschiede bei den Inhalten und den Zielen?
Marco Jahn: Außer auf Facebook sind wir noch auf YouTube unterwegs. Dort erzielen wir mit weit mehr als 1.400 Videos über eine Million Aufrufe im Monat. Ziel ist auch hier die authentische Darstellung der Bundeswehr und vor allem der begleitende Dialog. Die Inhalte erstrecken sich von Impressionsstücken über Personenporträts bis hin zu kleinen Reportagen über Einheiten, Veranstaltungen und Material. Oft ergänzen wir YouTube-Videos durch Bilderstrecken auf Facebook und betreiben so ein crossmediales Storytelling.
Ihr veröffentlicht auch viel Content auf Bundeswehr.de? Rücken die eigenen Kanäle bei der Bundeswehr wieder stärker in den Vordergrund?
Marco Jahn: Die eigenen Kanäle sind bei der Bundeswehr nie in den Hintergrund gerückt. Social-Media kann und soll nicht als Standalone funktionieren. Das breite Themenspektrum der Bundeswehr erfordert auch eine breite Berichterstattung. Textlastige Inhalte für Fachpublikum lassen sich auf einer Webseite besser positionieren als zum Beispiel auf Facebook. Zudem ist bundeswehr.de der Ausgangspunkt für die Unterseiten der verschiedenen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche der Bundeswehr. Für uns im Social-Media-Team sind unsere Webseiten zudem eine große Wissensdatenbank. Bei der Beantwortung von Facebook- und YouTube-Kommentaren versuchen wir, wann immer es möglich ist, auf einen weiterführenden Artikel zu verlinken. So bieten wir einen zusätzlichen Mehrwert für unsere Fans und stärken zudem unsere offiziellen Web-Präsenzen.
Wie entsteht Content bei der Bundeswehr und wie groß ist das verantwortliche Team?
Marco Jahn: Unser fünfköpfiges Social-Media-Team ist eingebunden in die Zentralredaktion der Bundeswehr. Als zentrales Medienhaus der Bundeswehr produziert die Redaktion Print-, Web-, Bild- und Videoinhalte. Content-Erstellung ist Teamwork, was in unserem Falle bedeutet, dass wir in der glücklichen Lage sind, sowohl auf professionelle Fotografen als auch auf Videojournalisten im eigenen Haus zurückgreifen zu können. In täglichen Themenkonferenzen stimmen sich die Produktverantwortlichen der verschiedenen Medien hierzu ab. Zusätzlich versuchen wir selbst immer nah am Thema zu sein. Regelmäßig verlassen wir unser Büro, um auf Facebook live zu berichten. Dazu geht es auf die ILA Berlin Air Show, nach Afghanistan oder auf die Kieler Woche, die am kommenden Wochenende startet. Hier nutzen wir auch unsere Webseite bundeswehrevent.de um von ausgewählten Veranstaltungen zu berichten. So sind die Follower unserer Kanäle immer mittendrin statt nur dabei.
Vielen Dank für das Interview Marco.
Marco Jahn ist Social-Media-Manager in der Zentralredaktion der Bundeswehr. Ausgebildet an der Deutschen Presseakademie und der Social Media Akademie ist er bei der Bundeswehr sowohl für die strategische Ausrichtung als auch für die operative Betreuung der Social-Media-Kanäle zuständig. Zu den Aufgaben des neunundzwanzigjährigen Wahlberliners gehören Weiterentwicklung, Community-Managment sowie Krisenkommunikation.
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.