Ello ist momentan in aller Munde. Zumindest im Kreis der Geeks, Social Media Berater, Digital Agenturen und allen die sich beruflich mit sozialen Netzwerken und dem Internet beschäftigen. Aus meinem privaten Freundeskreis hat mich noch niemand nach Ello gefragt. Darum soll es in diesem Artikel aber nicht gehen, sondern warum ich glaube, dass es Ello mit seinem „Geschäftsmodell“ unglaublich schwer haben wird.
Für Ello Features bezahlen? Wie bitte?
Attribute wie Privatsphäre, Anonymität und keine Werbung ziehen natürlich Aufmerksamkeit auf sich und werden immer bei einer bestimmten Gruppe von Nutzern auf offene Ohren stoßen. Wenn es dann aber darum geht für bestimmte Features Geld zu bezahlen, dann tritt exakt das Gegenteil ein. Dann heißt es nicht mehr „Oh wie toll, hier gibt es keine Anzeiten“, sondern „Was? Hierfür soll ich bezahlen? Das gibt es doch überall umsonst.“. Das hängt natürlich von den Features ab, aber in den meisten Fällen fallen die Reaktionen von einem Großteil der Nutzer so aus.
Der Business Insider hat ein Interview mit dem Ello Gründer Paul Budnitz veröffentlicht und laut Paul gehen täglich jede Menge Vorschläge für Bezahl-Features bei Ello ein. Er nennt auch ein paar Beispiele wie die Verwaltung von mehreren Accounts für $ 2,00. Das geht bei Twitter doch umsonst. 🙂 Ein weiteres Beispiel sind individuelle emoji Packs. Nutzer könnten diese emojis kaufen und exklusiv nutzen. Das erinnert an den mobile Messenger Line. Hier können Nutzer Sticker Sets kaufen. Das wird aber nur dann funktionieren, wenn Ello die mobile Nutzung optimiert. Das wird sicherlich passieren, aber emojis und Sticker werden verstärkt in Messenger Apps genutzt. Ob Ello hierfür die richtige Nutzergruppe hat, wage ich im Moment zu bezweifeln.
Ello erinnert mich bei vielen Punkten an ein anderes soziales Netzwerk, welches zum Start viel positives Feedback erhalten hat, dann aber sang und klanglos untergegangen ist. (OK, es zappelt noch.)
Ello mit Parallelen zu App.net
Vielleicht können einige von euch noch etwas mit App.net anfangen. Wie bei Ello stand auch bei App.net die Privatsphäre und das Prinzip „keine Anzeigen“ im Vordergrund. Wie Ello wurde auch App.net als Twitter und Facebook Alternative betitelt. Wie bei Ello konnte App.net speziell zu Beginn einige Nutzer für sich gewinnen. Doch dann kam das Problem mit den Bezahl-Features. Bei App.net konnten Nutzer sich einen Pro-Account kaufen und so von mehr Features profitieren und mehr Nutzern folgen. Funktioniert hat das nicht. App.net funktioniert und läuft weiter aber:
The bad news is that the renewal rate was not high enough for us to have sufficient budget for full-time employees. After carefully considering a few different options, we are making the difficult decision to no longer employ any salaried employees, including founders. Dalton Caldwell und Bryan Berg, Gründer
Die Statements der Gründer von App.net und Ello sind sehr ähnlich und wer auf Werbung verzichtet, der muss auf anderen Wegen Geld verdienen. App.net hat es nicht geschafft, war in meinen Augen aber ein besseres Produkt als Ello. Das sind jetzt persönliche Eindrücke und Ello steht erst am Anfang. Von der Usability hat App.net aber die Nase vorne. Von der mobilen Nutzung und den nicht vorhandenen Benachrichtigungen ganz zu schweigen.
Ello durchläuft aktuell einen Hype und ich finde es gut, wenn frische soziale Netzwerke auf der Bildfläche erscheinen und für Gesprächsstoff sorgen. Dann müssen die Nutzer Ello aber auch unterstützen, sonst droht das gleiche Schicksal wie bei App.net. Das ging damals ziemlich schnell und leider befürchte ich das, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen.
Wir werden andere soziale Netzwerke auch im Rahmen unserer Social Media Workshops 2015 aufgreifen.
Termine in Hamburg, Köln, Frankfurt, München und Berlin.
Und wer auf Ello über Ello diskutieren möchte, der findet den Autor unter – ello.co/jfi
Bildquelle Flickr – Fotograf Thomas Hawk
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.