Twitter Fleets werden eingestellt. Damit ist das Story-Format von Twitter nach nur ein paar Monaten wieder Geschichte. Stories sind auf Twitter gescheitert und Fleets sind ein Beispiel dafür, dass nicht jedes soziale Netzwerk die gleichen Social Formate benötigt, beziehungsweise das sie nicht in jedem sozialen Netzwerk funktionieren.
Das Story-Format hat auf Twitter einfach nicht funktioniert – Fleets werden eingestellt
Zugegebenermaßen wurden Fleets von Twitter sehr spät eingeführt. Ende 2020 waren Fleets verfügbar und laut einem Test, hat es den Dialog zwischen den Nutzer*innen deutlich intensiviert. In dem Test vielleicht, aber auf ganz Twitter bezogen eben nicht.
Das gibt Twitter auch zu und schreibt, dass sich der Austausch und der Dialog durch Fleets nicht gesteigert haben. Ich kann das nur bestätigen und im Vergleich zu Instagram, wurden deutlich weniger und auch deutlich unkreative Stories auf Twitter veröffentlicht. Solange Twitter für die Einführung gebraucht hat, umso schneller wird das Format wieder abgeschaltet. Ab dem 03. August 2021 wird es keine Fleets mehr geben und so gut wie niemand wird sie vermissen.
War Twitter zu spät dran? Ist das Format Stories an sich nicht mehr so angesagt? Oder passt es vielleicht nicht zu jedem sozialen Netzwerk?
Es ist sicher eine Kombination von allen drei Punkten. Stories funktionieren auf Instagram sehr gut. Nicht nur werden sie von den Nutzer*innen verwendet, sie sind auch zu einem lukrativen Anzeigen-Format für Instagram avanciert.
Schaut man sich weitere Adaptionen an, wird schnell klar, dass der Erfolg von Instagram Stories nie wiederholt wurde. Nicht einmal im Ansatz. Ausnahme bildet vielleicht WhatsApp Status, hier ist die Nutzung jedoch eine andere als es auf Instagram der Fall ist.
Facebook Stories leben von Instagram Stories. Die Nutzerzahlen für Facebook Stories entstehen durch Inhalte von Instagram. Ohne Instagram Stories würden Facebook Stories nicht funktionieren.
Nun ist nicht jedes soziale Netzwerk in der Situation von Facebook. LinkedIn entwickelt sich sehr gut, aber auf LinkedIn Stories hat die Welt nicht gewartet. Das Format wird immer stärker in der App zurückgenommen und man kann darauf warten, bis es nicht mehr verfügbar ist. Oder LinkedIn versucht es nochmals und spendiert den Stories einen neuen Look. Retten wird es das Format aber wahrscheinlich nicht.
Einheitsbrei – Formate und Features werden kopiert
Es ist aber nicht nur das Format Stories, sondern die Entwicklung von sozialen Netzwerken an sich. Snapchat startet mit Stories durch und die Wettbewerber adaptieren das Format. Der Clubhouse-Hype kam und soziale Netzwerke adaptieren Audio-Chats. Ich weiß nicht wie es bei euch aussieht, aber Twitter Spaces sehe ich auf Twitter so gut wie nie. Da werden ja fast Fleets noch öfter genutzt.
Was damals Snapchat und in 2021 kurzfristig Clubhouse waren, ist in der aktuellen Social Media Landschaft TikTok. Instagram kopiert mal wieder einen Wettbewerber, YouTube macht es, selbst Snapchat kopiert und ich denke wir können nur darauf warten, dass wir eigene vertikale Video-Feeds noch in vielen anderen Apps und sozialen Netzwerken sehen werden.
Aber auch das wird nicht funktionieren. Nicht jedes soziale Netzwerk braucht die identischen Formate. Wenn jetzt auch der Kampf um Creator weiter fortgeführt wird (und das wird er), haben wir nicht nur die identischen Formate, ja wir werden eventuell auch die identischen Inhalte haben. Vielleicht nicht von den gleichen Personen, aber mit einem ähnlichen Aufbau.
Wir sehen das bereits bei Instagram Reels und YouTube Shorts. Es werden Videos veröffentlicht, ob mit oder ohne TikTok Logo spielt keine Rolle, die man davor schon auf TikTok gesehen hat. Das ist ja auch verständlich. Wer sich eine Community auf TikTok aufgebaut hat, der wird diese nicht ignorieren, nur weil es jetzt Reels gibt. Die Inhalte werden also nochmals verwendet.
Clubhouse war ein Hype, aber endlich mal wieder ein anderer Ansatz
So bin ich mir fast sicher, dass ein vertikaler Video-Feed auf Twitter nicht funktionieren wird. Natürlich müssen sich soziale Netzwerke weiterentwickeln und/oder an die Entwicklungen anpassen. Aber ich würde mir wünschen, dass eigene Wege gegangen werden und die Entwicklung nicht nur aus der Kopie von bestehenden Formaten besteht, die mal besser und mal schlechter in die bestehenden Apps integriert werden. Ja, Clubhouse war ein Hype, aber sie sind einen eigenen Weg gegangen.
Auf Twitter sehen wir jetzt, dass Stories nicht funktioniert haben und für Instagram wird sich zeigen, ob die “wir sind keine reine Foto-App mehr”-Offensive sich auszahlt. Bei Stories haben sie es geschafft. Nur stellt sich jetzt fast die Frage, ob Stories und IGTV geopfert werden, um Reels zu dem Erfolg zu machen, den Instagram sich erhofft.
Wie denkst du über das Kopieren von Formaten? Brauchen wir überall Stories? Audio-Chats und vertikale Video-Feeds?
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.
Ich gebe Ihnen recht, Herr Firsching. Gut spricht das mal jemand an. Es erinnert mich so an das Thema Digitalisierung. Es ist nicht Digitalisierung, wenn man einfach eine App hat und schaut, was die Konkurrenz so macht (me-too-Ansätze) und das dann kopiert. Vielmehr sollten sich die Plattformen vertieft mit ihren Kommunikationsstrategien auseinandersetzen und schauen, was die am besten geeigneten Instrumente sind, welche für ihre Kunden einen Nutzen stiften und diese animieren, mehr Zeit sinnvoll auf den Plattformen zu verbringen. Auf vielen Plattformen habe ich das Gefühl, dass das Gnaze so undurchsichtig ist, dass man gar nicht mehr weiss, was man noch alles machen soll. Und hier zeigt sich einmal mehr: Weniger ist mehr und es muss vom Kunden her gedacht sein.