Die Corona-Pandemie hat den stationären Einzelhandel stark getroffen. Sie hat aber auch gezeigt, wie der Einzelhandel durch gute Kommunikation und Produktpräsentationen in den sozialen Netzwerken die eigene Sichtbarkeit wieder steigern kann.
Speziell Instagram hat sich für viele Geschäfte zum virtuellen Schaufenster entwickelt und dem Handel dabei geholfen, den Kontakt zu bestehenden Kund*innen aufrechtzuerhalten und neue Kund*innen zu gewinnen.
Speziell Einzelhändlerinnen standen und stehen vor großen Herausforderungen. Um hierfür die berechtigte Aufmerksamkeit zu wecken, hat Instagram die Initiative #GründerInnenstadt ins Leben gerufen und drei Geschäfte aus Deutschland in den Vordergrund gestellt.
Wir haben mit den Gründer*innen von Eisenhauer aus Leipzig, dem cob conceptstore aus Essen und der Boutique Théo Vezo aus Hamburg ein Interview geführt und gehen den Herausforderungen und Entwicklungen auf den Grund.
Katharina Staniok, Meike Pfeiffer und Théodora Vezo haben die Pandemie für sich genutzt und ihre digitalen Aktivitäten verstärkt. Dabei wurde wieder einmal klar, dass online und offline Hand in Hand gehen. Die Nutzung von Instagram als Kanal zur Präsentation von Produkten und zur Gewinnung neuer Kund*innen steht dabei im Fokus.
Viel Spaß mit dem Interview.
Die Corona-Krise hat den Einzelhandel stark getroffen und viele Unternehmen standen ohne eigenen Shop oder Social Media Strategie da. Wie war es bei euch? Hat Social Media und Instagram im Speziellen bereits vor der Corona-Pandemie eine Rolle gespielt?
Katharina Staniok, Eisenhauer (Leipzig): Bisher hatten wir es relativ schlicht gehalten: Das Wichtigste für uns sind zufriedene Kund*innen. Empfehlungen sind die beste Werbung. Während des Lockdowns hatten wir keinerlei Perspektive, wie lang wir den Laden laut den Verordnungen geschlossen halten mussten. Wir konnten nur noch reagieren, statt zu agieren und das hat uns sehr frustriert. Generell bestand die größte Herausforderung darin, unsere Kund*innen schnell und zuverlässig über aktuelle Situationen zu informieren. Das ging am besten über Instagram, Google und über unsere Webseite. Wir waren sehr froh, dass unser Onlineshop schon vorher existierte und wir eine treue Followerschaft auf unseren Social Media Kanälen hatten. So konnten wir weiterhin mit unseren Kund*innen in Kontakt bleiben.
Meike Pfeiffer, cob conceptstore (Essen): Vor Corona liefen Facebook und Instagram nebenher. Wir haben gepostet, wenn wir etwas Zeit dafür übrig hatten. Unser Kundenstamm hat sich stetig vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda vergrößert, so dass ich nicht wirklich die Notwendigkeit gesehen habe, Facebook und Instagram weiter auszubauen. Zudem standen wir vor dem ersten Lockdown kurz vor Vertragsabschluss zu unserem zweiten Laden, da blieb noch weniger Zeit für Social Media. Aber dann kam der erste Lockdown. Und ich war überfordert mit der Entscheidung, was denn nun der richtige Weg sein könnte. Einfach abwarten und nach dem Lockdown weitermachen wie gehabt – oder gehen wir tatsächlich den Weg ins Online Business? Wir sind dann mit unserem Onlineshop gestartet, haben vermehrt auf Instagram und Facebook gesetzt und auf ein komplett neues Kassensystem. Das war und ist ein ziemlicher Kraftakt, aber es lohnt sich auch.
Théodora Vezo, Boutique Théo Vezo (Hamburg): Instagram und Facebook waren schon vor Corona ein Bestandteil meiner Arbeit – dennoch lag mein Fokus eindeutig auf dem Ladengeschäft. Durch die Pandemie habe ich mich stärker damit befassen müssen. Mit der Zeit habe ich herausgefunden, wie einfach es doch ist, meine Ware über die sozialen Medien abzubilden und ich freue mich sehr darüber, zum Beispiel auch Kund*innen außerhalb Hamburgs für meine Produkte zu begeistern. Seit dem letzten Jahr zeige ich in den sozialen Medien deutlich mehr Präsenz und nutze diese fast täglich. Zu meinen Stammkunden habe ich sehr viel Kontakt über WhatsApp aufbauen können. Außerdem habe ich auch damit angefangen, mehr Sale-Aktionen einzuführen und mein Sortiment mehr zu hinterfragen und auf meine Kunden und Kundinnen abzustimmen.
Wie nutzt ihr Instagram für die Bewerbung eures Geschäftes und eurer Produkte? Geht es um die reine Präsentation von Produkten und Angeboten, oder ist beispielsweise ein konkretes Ziel, Menschen wieder in das eigenen Geschäft zu bringen?
Katharina Staniok, Eisenhauer: Instagram und Facebook sind unser digitales Schaufenster. Sie bieten mit recht einfachen Mitteln und relativ spontan die Möglichkeit, unsere Kunden über unser Produktsortiment zu informieren, sie an unserer Arbeit und unserer Philosophie teilhaben zu lassen und somit eine echte und nachhaltige Bindung aufzubauen. Durch die Kommentar- und Nachrichtenfunktion kommen wir mit unseren Kund*innen sehr schnell in Kontakt und das auf eine sehr enge und freundschaftliche Art. So stehen wir im regen Austausch und bekommen ehrliches und hilfreiches Feedback.
Meike Pfeiffer, cob conceptstore: Über Social Media zeigen wir neue Produkte, machen neugierig und lassen die Kunden teilhaben an verschiedenen Situationen unseres Ladenalltags. Bei allen Kontakten über Social Media- und davon haben wir immer mehr- zeigt sich, dass auch hier der Umgang sehr persönlich und wohlwollend sein kann. Allerdings kommunizieren wir bis jetzt hauptsächlich mit unseren Stammkunden aus dem Laden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Kommunikation verändert, wenn wir auf mehr Onlinekunden treffen, die uns und unseren Laden bei Facebook oder Instagram entdecken. Trotzdem bleibt der persönliche Kontakt im Laden für mich und mein Team sehr wichtig. Kunden und Kundinnen schätzen z.B. unsere Beratung in unserer Fairfashion Abteilung sehr. Ich würde sagen, der Mix aus Online und Offline macht es. Und ja, wir versuchen über Instagram und Facebook auch die Kunden in unseren Laden zu locken. Mit Kunden und Kundinnen im Laden fühlt es sich einfach gut und richtig an, man bekommt die Gefühle und Belange von ihnen direkt mit. Das ist uns einfach vertraut und unsere Kernkompetenz. Man hat schon am ersten Tag des Lockdowns gemerkt, dass die Menschen uns unterstützen wollen. Trotzdem ist es bei unserem besonderen Laden sehr schwer und aufwendig, die Wünsche der Kunden und Kundinnen per Telefon, Videocall, Facebook oder Instagram zu erfüllen. Wenn jemand ein bestimmtes Produkt kaufen möchte, geht es natürlich, aber viele wollen sich bei uns im Laden inspirieren lassen, stöbern und das ist nicht mal eben alles auf einmal online umzusetzen. Das braucht Zeit.
Théodora Vezo, Boutique Théo Vezo: Viele Kundinnen und Kunden sind im Lockdown weiterhin mit mir per Telefon und über die sozialen Netzwerke in Kontakt geblieben. Per Instagram und Facebook trudeln natürlich auch positive und mutmachende Kommentare ein und die sozialen Medien sind eine tolle Plattform, um den ganzen lieben langen Tag mit meiner Kundschaft in Kontakt zu stehen. Wenn ein Kunde vor mir im Laden steht, habe ich natürlich direkt ein Bild vor Augen. Das ist über Instagram und Facebook schon ein wenig anders – aber es funktioniert und das freut mich sehr! Viele Kunden und Kundinnen stehen nach dem Austausch über die sozialen Netzwerke dann auch im Laden vor mir und es ist schön zu sehen, wie beides Hand in Hand geht. Einige Stammkunden bringen mir auch ganz regelmäßig Blumen oder einen Kaffee oder kommen auf ein Gespräch vorbei. Ich liebe diesen persönlichen Austausch, deswegen versuchen wir natürlich auch über Facebook und Instagram alle zu einem Besuch im Laden zu animieren. Die Beratung klappt aber über beide Kanäle mittlerweile sehr gut.
Wie sieht es mit der Nutzung von Funktionen wie Instagram Shopping aus? Ist der Online-Verkauf über Instagram bereits ein Thema?
Katharina Staniok, Eisenhauer: Gerade die letzte Zeit hat gezeigt, dass mehrere Einnahmequellen superwichtig sind. Unser Umsatz durch das Ladengeschäft ist während des Lockdowns eingebrochen. Mit dem Onlineshop, Facebook & Instagram und unserem angeschlossenen Grafikbüro konnten wir dies etwas abpuffern. Wir merken schon, dass viele auf den integrierten Produktbutton bei unseren Bildern & Stories klicken und sich informieren. Auch werden die bei Instagram vorgestellten Produkte auch öfter in den Warenkorb gelegt.
Meike Pfeiffer, cob conceptstore: Ja, das ist ein Thema. Vor allem zu Zeiten der Lockdowns, haben unsere Stammkunden gerne mit uns über Instagram und Facebook kommuniziert oder sind darüber auf unseren Onlineshop gekommen und haben dort geshoppt. Allerdings lief auf viel über Telefon und Nachrichten. Und unsere Stammkunden sind schon sehr froh, dass jetzt wieder persönlicher Kontakt möglich ist. Der Laden – und somit der persönliche Kundenkontakt – wird für mich immer die Nummer eins bleiben. Zukünftig möchten wir uns jetzt aber auch vermehrt mit dem Schalten von Werbung auseinandersetzen.
Théodora Vezo, Boutique Théo Vezo: Meine Leidenschaft ist der Einzelhandel und der Austausch mit den Kunden und Kundinnen im Laden. Für mich steht eine ehrliche Beratung an erster Stelle. Ich ermuntere auch mal etwas Neues und Farbiges auszuprobieren. Neben dem Ladengeschäft, sind die sozialen Medien und ein Webshop meiner Meinung nach mittlerweile unabdingbar. Sicherlich können online und offline Hand in Hand gehen – das hat das letzte Jahr gezeigt – aber mein Herz wird immer für das Ladengeschäft schlagen.
Wer ist bei euch für die Betreuung der Accounts verantwortlich? Ist es eine Person, die Instagram und Facebook auch „nebenbei“ nutzt?
Katharina Staniok, Eisenhauer: Wir haben den Account anfangs ganz lang allein (zu zweit) betreut und uns regelmäßig mit Posts und Stories abgewechselt. Da es aber immer nebenher lief, kann ich nicht leugnen, dass es oft auch eine Last war, weil wir keinen Redaktionsplan o.Ä. hatten und uns spontan irgendwas einfallen lassen mussten. Das kann man machen, aber wirklich effektiv war das nicht. Seit einem Jahr haben wir eine Mitarbeiterin, deren Job sich zu ca. 40% um Social Media dreht. Das hilft ungemein, denn sie macht das strukturierter als wir und hat Spaß dabei und einen frischeren Blick. Sie plant und fertigt hochwertige Fotos an, dreht dazu Stories und bearbeitet gleichzeitig auch die präsentierten Produkte im Onlineshop. Wir alle nutzen Instagram sehr gern, aber privat eher zum konsumieren, als zum präsentieren.
Meike Pfeiffer, cob conceptstore: Zurzeit betreut eine Person unseren Account. Das macht sie zusätzlich zu allen anderen Tätigkeiten. Die Person kennt sich perfekt im Laden und mit den Produkten aus und ist auch im Verkauf tätig. Die Themen der Posts besprechen wir jeweils am Anfang der Woche gemeinsam.
Théodora Vezo, Boutique Théo Vezo: Unseren Auftritt auf Facebook & Instagram gestalte ich zusammen mit einer Kollegin. Mich findet man dabei meist vor der Kamera, wo ich als Gesicht des Ladens auftrete. Wir setzen sehr viel auf Bilder, Videos und und neuerdings versuchen wir uns mit Reels, um unseren Produktion den richtigen Look & Feel zu geben. Bei der Kundenberatung über Direktnachrichten oder bei der Content-Erstellung sprechen wir uns im Laden eng ab und ergänzen uns, wo es geht.
Danke für eure Zeit!
Weitere Informationen zu der Initiative GründerInnenstadt
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.