Gastbeitrag: Mona Hellenkemper von InfluencerDB
Fake-Accounts sind auf Instagram nichts Neues: Bereits seit dem Start 2010 gibt es sie, meist in maschineller Form als Instagram Bots. Sie folgen willkürlich anderen Instagram-Kanälen, posten Spam-Kommentare oder liken riesige Mengen an Posts. Es lohnt sich, das mal von einer anderen Seite zu betrachten – denn immer mehr Instagram-User nutzen solche Fake-Accounts, um ihre eigene Followerzahl zu erhöhen und mehr Likes und Kommentare für ihren Content zu erhalten.
Auf den ersten Blick erscheint es erstmal wenig sinnvoll, Zeit und Arbeit in die Erstellung von Content zu stecken und sich dann künstlich Follower, Likes und Kommentare zu kaufen, anstatt sich auf organisches Feedback realer Follower zu verlassen. Tatsache ist jedoch: Immer noch steht für viele Marketingverantwortliche die Followerzahl an erster Stelle und erst danach werden Metriken wie Engagement und Zielgruppenqualität betrachtet. Eine bestimmte Anzahl an Followern ist dieser Auffassung nach notwendig, damit ein Channel überhaupt im Rahmen einer Influencer-Kooperation dafür sorgen kann, dass das entsprechende Produkt oder die Marke Aufmerksamkeit erhält. Außerdem deutet eine hohe Followerzahl auf ein gewisses Standing in der Branche hin.
Unter diesen Umständen ist es nicht überraschend, dass die Nachfrage nach gekauften Followern entsprechend hoch ist: Einer Studie nach waren in 2015 allein 8 % aller Instagram-Accounts Fake-Kanäle. Für Marketingverantwortliche kann eine Kooperation mit einem Influencer mit vielen gekauften Followern jedoch ein hohes Risiko darstellen, da die Kooperation oft nicht das erwartete Ergebnis haben wird.
Vor- und Nachteile gekaufter Follower
Das Kaufen von Followern ist deswegen so verbreitet, weil viele Influencer den Druck verspüren, nur mit einer hohen Followerzahl für Kooperationen mit Unternehmen attraktiv zu sein. Besonders am Anfang kann es extrem schwierig sein, Follower zu gewinnen, selbst wenn ein Influencer viel Arbeit in die Erstellung von Inhalten steckt und eine hohe Content-Qualität aufweisen kann. Für Influencer in so einer Situation kann es tatsächlich hilfreich sein, eine Starthilfe in Form von gekauften Followern zu nutzen – denn Nutzer tendieren generell dazu, eher Kanälen mit vielen Followern zu folgen.
Stell Dir vor, Du entdeckst auf Instagram einen Channel mit guter Content-Qualität und 1.500 Followern. Bewusst oder unbewusst würdest Du wahrscheinlich trotzdem eher einem ähnlichen Kanal mit gleicher Content-Qualität aber 25.000 Followern folgen. Im Instagram-Universum dienen hohe Followerzahlen für viele Nutzer als erstes Anzeichen für Qualität. Anfangs gekaufte Follower können also auf lange Sicht organische Follower anziehen.
Gekaufte Follower erhöhen also auf jeden Fall die Followerzahl, haben jedoch nicht unbedingt auch positive Auswirkungen auf die Engagement-Rate. Es gibt verschiedene Arten von Bots –einige folgen, liken Fotos und hinterlassen Kommentare, wohingegen andere nur folgen. In solchen Fällen müssen zusätzlich Likes und Kommentare gekauft werden, damit sich neben der Followerzahl auch die Engagement-Rate erhöht. Diese ist essentiell, da sie anzeigt, wie aktiv und engagiert sich die Follower gegenüber dem Channel verhalten.
Auch wenn eine hohe Followeraktivität nicht gleichzeitig eine hohe Kaufbereitschaft signalisiert, ist es dennoch wichtig zu erkennen, dass gekaufte Follower niemals einen Vorteil für Unternehmen bringen, die mit Influencern mit gekauften Followern kooperieren. Selbst wenn diese Follower reale Menschen sind und keine Bots, haben sie kein Interesse an dem Content des Kanals und folgen ihm nur, weil sie dafür bezahlt wurden. Das Ziel der Kooperation ist also völlig verfehlt.
Es ist also herausgeschmissenes Geld, Influencer für gekaufte Follower zu bezahlen. Der Preis für Influencer-Kooperationen basiert auf TKP, Tausender-Kontakt-Preisen – Unternehmen zahlen also für jeden Follower, unabhängig davon, wie wertvoll oder wertlos dieser ist. Im Falle einer hohen Anzahl an gekauften Followern ist das also ein absolutes Minusgeschäft für Unternehmen.
Followerverkauf als Geschäftsmodell
Das Kaufen von Followern im Internet ist einfacher als man vielleicht erwarten würde. Automation-Tools wie Instagress bieten verschiedene Pakete mit unterschiedlichen Arten von Followern an, von willkürlichen Accounts bis hin zur Unterscheidung nach Geschlecht und Nationalität, wodurch der Followerkauf etwas weniger auffällig wird – denn deutschsprachige Influencer haben nunmal in der Regel hauptsächlich deutschsprachige Follower und es fällt auf, wenn 80 % der Follower eines deutschsprachigen Influencers aus Russland oder Saudi-Arabien kommen.
Die Seiten, die solche Fake-Follower verkaufen, haben zwei Möglichkeiten:
Sie erstellen Millionen Fake-Accounts und folgen ihren Käufern mit diesen Kanälen.
Sie erstellen Bots, die automatisch anderen Kanälen folgen (und entfolgen).
Eine kurze Google-Recherche genügt, um auf zahlreiche Seiten mit Paketen wie diesen zu stoßen:
Die Preise variieren abhängig von der Anzahl der gewünschten Follower und auch davon, ob man reale Channel oder Bots als Follower kaufen möchte. Likes und Kommentare können zusätzlich erworben werden, um die Engagement-Rate ebenfalls zu steigern. Diese können sogar für zukünftigen Content gekauft werden: Wird in Zukunft ein Bild hochgeladen, erhält dieses automatisch Likes und Kommentare.
Wie man gekaufte Follower erkennt
Wenn man sich nur den Instagram-Kanal eines Users anschaut, ist es fast unmöglich zu erkennen, ob dieser Follower gekauft hat. Für Unternehmen ist es also ein großes Risiko, einen Influencer nur anhand seines Channels, wie er auf Instagram angezeigt wird, zu bewerten. Eine Tiefenanalyse ist also unumgänglich, um herauszufinden, ob ein Influencer sein Geld wert ist. Ohne die Nutzung eines Analysetools wie InfluencerDB kann man nur Vermutungen über gekaufte Follower und Bots anstellen. Erste Hinweise können die Namen der Follower und die Kommentare geben. Seltsame Namen und Kommentare, die aus allgemeinen Sätzen wie “That is awesome!”, “Keep it up!” oder “Pretty cool!” bestehen und somit theoretisch zu jedem Bild passen könnten, sind ein erstes Anzeichen für Fake-Accounts.
Um jedoch ganz sicher zu sein, sollte eine datenbasierte Tiefenanalyse durchgeführt werden. Der erste Schritt ist hier ein Blick auf das Followerwachstum. Zum Vergleich zuerst eine organische Wachstumskurve:
Dieser Account hat ein regelmäßiges Wachstum ohne nennenswerte Ausschläge nach oben oder unten. Der Channel dient somit als perfektes Beispiel für einen erfolgreichen Influencer. Die grünen Balken zeigen an, dass der Kanal oft von anderen Kanälen erwähnt oder getagged wird, was das Wachstum des Kanals zusätzlich antreibt.
Verglichen mit diesem Beispiel zeigt die nächste Wachstumskurve einen deutlichen Unterschied. Zwei Ausschläge sind sichtbar. Solche Ausschläge können organisch vorkommen, wenn ein Channel durch Erwähnungen und Taggings großer Channels Aufmerksamkeit gewinnen konnte. Dies wäre jedoch an den steigenden grünen Balken, die den Earned Media Value kennzeichnen, erkennbar, was hier nicht der Fall ist. Dennoch ist dieses ein eher unauffälliges Beispiel, da hier nur eine relativ geringe Anzahl an Followern gekauft wurde.
Die nächste Wachstumskurve ist da schon eindeutiger. Im Vergleich zur organischen Kurve ist es hier sehr eindeutig, dass das Wachstum des Channels das Ergebnis von Followerkauf sein muss.
Die Daily Follower Changes unterstützen diese Theorie und zeigen einen massiven Anstieg an Followern Anfang September.
Am 3. September ist hier ein starker Einbruch in der Followerzahl zu erkennen: In diesem Zeitraum ist Instagram aktiv gegen Fake-Accounts vorgegangen und hat eine riesige Anzahl an Fake-Kanälen gelöscht, was bei einigen Channels, die vorher Follower gekauft hatten, zu teilweise extremen Einbrüchen in der Followerzahl führte.
Instagrams Vorgehen gegen Fake-Accounts
Auch wenn es gesetzlich nicht verboten ist, Follower zu kaufen, versucht Instagram schon seit langem, gegen den Followerkauf vorzugehen. In den Nutzungsbedingungen erklärt Instagram deutlich, dass die Teilnahme an Like-, Share-, Kommentar- und Follower-Tausch-Strategien nicht erlaubt ist, womit Methoden wie Follow-For-Follow verboten sind.
Auf seinem Blog erklärte Instagram bereits in 2014, dass auch gegen Spam- und Fake-Accounts vorgegangen wird:
“Finally, as more people join, keeping Instagram authentic is critical—it’s a place where real people share real moments. We’re committed to doing everything possible to keep Instagram free from the fake and spammy accounts that plague much of the web, and that’s why we’re finishing up some important work that began earlier this year.
We’ve been deactivating spammy accounts from Instagram on an ongoing basis to improve your experience. As part of this effort, we will be deleting these accounts forever, so they will no longer be included in follower counts. This means that some of you will see a change in your follower count.
Most of you won’t see any impact. If you’re one of those who will see a correction, you will receive a notification in the app directing you to additional information.”
Auf dieses Statement folgte 2014 die unter dem Namen „Insta Purge“ bekanntgewordene Löschaktion tausender Fake-Accounts, die im September 2016 wiederholt wurde. Für viele Kanäle kam es teilweise zu einschneidenden Verlusten, wie das folgende Beispiel zeigt:
Dieser Channel hatte vor der Löschaktion offensichtlich eine große Anzahl an gekauften Followern. Der extreme Anstieg im April/ Mai 2016 deutet auf einen umfassenden Followerkauf hin, weshalb der Einbruch im September 2016 umso gravierender ausfiel. Die Daily Follower Changes zeigen, dass der Kanal an diesem Tag mehr als 30.000 Follower verloren hat.
Viele Instagram-Nutzer haben mit Entsetzen auf die Löschaktion reagiert, obwohl sich unter den verlorenen Followern nur wertlose Bots befanden. Diese Reaktion zeigt, wie wichtig die Quantität im Instagram-Universum immer noch ist, obwohl diese rein gar nichts über die Qualität aussagt.
Zukünftig werden wohl noch weitere Löschaktionen anstehen, da Instagram keinen Hehl daraus macht, für wie schädlich es Fake-Accounts für sein Netzwerk hält. Für Influencer, die sich auf gekaufte Follower verlassen, bedeutet das einen weiterhin starken Verlust solcher Follower. Um diesen zu verhindern, werden neue Follower gekauft. Bei so einem Teufelskreis ist es offensichtlich, dass der Verkauf von Followern im Internet ein gut laufendes Geschäft ist. Gleichzeitig zeigt das, wie notwendig Tiefenanalysen für Influencer-Kooperationen sind, da wohl kein Unternehmen sein Marketingbudget in Bots stecken möchte. Das Ziel sollte immer Qualität vor Quantität sein – die Identifikation von Influencern mit hoher Content-Qualität und realen Followern, die mit dem Kanal interagieren und sich für die Inhalte des Channels interessieren, ist deshalb essentiell.
Klasse Artikel und auch du Pia hast völlig recht. Die sind langsam echt gewievt.
Ich habe mich auch schon echt lange damit befasst und bin irgendwann mal auf http://social-rocket.de/blog aufmerksam geworden.
Die haben auch mehrere Artikel über den Kauf von Followern die ich ganz gut finde.
Gruß
Mittlerweile ist es fast unmöglich einen Kanal mit „clever“gekauften Fans zu entlarven, da es seit einiger Zeit auch Anbieter gibt, die gekaufte Follower nicht in einem Schritt zufügen, sondern Pakete mit häppchenweise täglichem Fanwachstum anbieten, so dass die Wachstumsverlaufkurve ein rein organisches, kontiniuierliches Wachstum vortäuscht. Ich beobachte bereits seit einiger Zeit diese Praxis, die es Unternehmen nahezu unmöglich Kanäle mit gekauften Fans zu identifizieren. Solche Anbieter werden übrigens auch besonders gerne von Influencern genutzt, deren Wachstum gerade etwas stagniert.