„Big data is so powerful that nation-states will fight‘ over it“. Das Statement stammt von Eric Schmidt und war die Kernaussage seiner Keynote auf der Google Cloud Next. Aus der Sichtweise von Google ist die Aussage nicht verwunderlich. Aber wie sieht es bei Unternehmen aus? Viele Kundendaten bestehen, aber eine zielgerichtete Analyse und Verwendung bleibt oftmals noch aus.
Bert Bröske verantwortet als Marketing Director PR- und Marketingaktivitäten der Oracle Marketing Cloud in Nordeuropa und erklärt im Interview, welche Möglichkeiten datengetriebenes Marketing bietet, vor welchen Herausforderungen Unternehmen stehen und warum Kunden der zentrale Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Aktivitäten von Marketing, Vertrieb und PR sein sollten.
Um das Buzzword Big Data ist es ruhiger geworden. Warum fällt es vielen Unternehmen schwer sich mit dem Thema Datenanalyse zu befassen und warum geraten Unternehmen selbst bei „Small Data“ ins Straucheln?
Bert Bröske: Das würde ich so nicht unterschreiben. Richtig ist, „Big Data“ geistert schon eine ganze Weile als Buzzword herum – das Thema bleibt aber aktuell. Denn noch immer zählt die effiziente Nutzung der stetig wachsenden Menge an Daten zu einer der größten Herausforderungen für viele Unternehmen. Neu ist jetzt aber, dass die Daten nicht mehr ausschließlich bei den Unternehmen gehostet, sondern immer häufiger in die Cloud verlagert werden.
Dass sich Unternehmen mit der effizienten Nutzung von Daten noch schwer tun, liegt unter anderem daran, dass die verschiedenen Fachbereiche selten effizient zusammenarbeiten. Vielmehr agieren Marketing, Vertrieb und Service oft isoliert voneinander, statt den Kunden als zentralen Dreh- und Angelpunkt gemeinsamer Aktivitäten zu sehen. Bestehende Barrieren zwischen den Abteilungen haben sich jedoch oft in Jahrzehnten etabliert – und Veränderung braucht Zeit. Neue digitale Player wie Zalando oder Trivago sind frei von solchen Altlasten. Diese Unternehmen haben also einen strategischen Vorteil.
Andere Unternehmen vergessen, sich vor der Analyse ihrer Daten darüber klar zu werden, wie und wofür sie diese überhaupt verwenden wollen. Für eine Website-Optimierung beispielsweise oder für personalisierte Marketingmaßnahmen benötigt man sehr dynamische Daten, die sich aber nur dann skalieren lassen, wenn man alle Prozesse automatisiert. Außerdem lassen sich hochpersonalisierte Marketingmaßnahmen nicht mehr manuell in einem Marketing Team abbilden. Ihre Umsetzung erfordert vor allem eine enge Zusammenarbeit mit der Abteilung für Business Intelligence im Unternehmen.
[Tweet „Hochpersonalisierte Maßnahmen lassen sich nicht mehr manuell in einem Marketing Team abbilden.“]
Die Analyse der Daten ist der erste Schritt. Wie können Unternehmen die analysierten Daten verwerten und welche Unternehmensbereiche können hiervon am meisten profitieren?
Bert Bröske: Mit einer intelligenten Nutzung von Daten lassen sich Marketingmaßnahmen gezielter und mit geringeren Streuverlusten aussteuern – und da gibt es vielfältige Möglichkeiten: Eine besonders hohe Priorität hat unserer Beobachtung nach die Optimierung der Conversions, da dies oft den Return on Invest (ROI) am schnellsten erhöht. Ein wichtiger Hebel liegt in den Bestandskundendaten, die sich für ein intelligentes Up Selling nutzen lassen. Denn bekanntlich ist es ja wesentlich günstiger, bestehende Kundenbeziehungen weiter zu entwickeln, als neue Kunden zu gewinnen.
Ein starker ROI-Treiber für jedes Kundensegment ist außerdem die Optimierung der Website. Basierend auf den vorhandenen Kundendaten kann ich sie dynamisch auf verschiedene Zielgruppensegmente anpassen und damit viel besser auf den individuellen Bedarf der Besucher eingehen.
Wir sehen aber immer wieder, dass Unternehmen noch ganz am Anfang stehen, wenn es darum geht, die Daten sinnvoll zu nutzen. Das gilt oft selbst für die eigenen Bestandskundendaten – also die sogenannten “1st Party Data”. Oft generieren Unternehmen den entscheidenden Mehrwert aber erst aus der Kombination mit 2nd oder sogar 3rd Party Data.
Amazon verfügt über eine enorme Menge an Nutzerdaten. Warum werden trotzdem Anzeigen (Remarketing) für Produkte ausgespielt, welche Kunden erst kürzlich gekauft haben? Wenn es ein Unternehmen verstehen müsste, dann doch Amazon.
Bert Bröske: Das müssen Sie schon Amazon fragen. Grundsätzlich ist es aber so, dass beim Remarketing oft einfach mal mit der “Schrotflinte” geschossen wird. Hinzu kommt, dass selbst bei führenden Anbietern der Algorithmus sicherlich nicht 100 Prozent perfekt ist. So stößt auch der größte Online-Händler spätestens dann an seine Grenzen, wenn mehrere Personen über einen Account bestellen.
[Tweet „Beim Remarketing wird oft einfach mal mit der “Schrotflinte” geschossen.“]
Ein anderer Grund ist einfach Bequemlichkeit. Die Werbung wird meist an Hand dessen ausgesteuert, wonach der Nutzer gesucht hat. Dieses Cookie bleibt dann eben für 30 Tage aktiv. Viele Firmen machen sich nach einem Kauf nicht die Mühe, diesen User wieder aus der Remarketing-Liste zu streichen. Das ist natürlich Aufwand, sollte jedoch ins Repertoire jedes guten digitalen Marketers gehören.
Marketing-Automation wird oft mit einem personalisierten Newsletter-Marketing gleichgesetzt. Welche weiteren Vorteile bietet Marketing-Automation? Speziell für soziale Netzwerke, aber auch andere eigene Kanäle?
Bert Bröske: Individualisierte Newsletter sind nur ein kleiner, aber durchaus ein wichtiger Bestandteil der gesamten Marketingautomatisierung – aber das nur nebenbei. Grundsätzlich sollten Unternehmen beim Thema Automatisierung die gesamte Kundenerfahrung im Blick haben. Denn die Kundenbeziehung besteht aus zahlreichen Touch Points. Und an jedem einzelnen von ihnen lässt sich eine mögliche Kaufentscheidung beeinflussen.
[Tweet „Unternehmen sollten beim Thema Automatisierung die gesamte Kundenerfahrung im Blick haben.“]
Diese Berührungspunkte können nun durch die vorhandenen Daten vereinheitlicht werden. Das heißt, die gleiche Personalisierung, die ich meinen Kunden mit einem individuellen Newsletter biete, sollte ich auch in meinen Social Media Kampagnen, im Online-Shop am Point of Sale etc. anwenden. Auch die Suche beispielsweise auf Google oder Bing lässt sich durch Remarketing Listen sinnvoller bespielen. Und natürlich sollte auch meine Website genau die passende Botschaft beinhalten, die ich vorher auf anderen Kanälen kommuniziert habe.
Wenn Sie nun so etwas skaliert für einen Onlineshop mit Millionen von Kunden abbilden wollen, brauchen Sie moderne Technologien, mit der sich Marketing-Maßnahmen automatisieren lassen. Den nächsten Schritt der Automatisierung über Kampagnen hinaus stellen die sogenannten Chatbots dar. Hier ist es mittlerweile sogar möglich, eine individualisierte Kontaktaufnahme in der Marketingkommunikation zu bewerben und per Chatbot automatisiert darauf zu reagieren. Auch der “First Level-Kontakt” – keineswegs also nur die Beantwortung von Standardanfragen – findet mittlerweile über intelligente Technologie statt!
Wie geht Oracle all diese Themen an und welche Erfolgsstory gibt es, die Unternehmen aus ihrem Dornröschenschlaf weckt?
Bert Bröske: Wir sprechen darüber mit vielen Unternehmen und machen dabei immer wieder die gleiche Erfahrung. In der Regel fehlt das Verständnis dafür, dass das Unternehmen in Infrastruktur investieren sollte, die über das reine Marketing hinausgeht. Wenn wir dann jedoch die gesamte Story erzählen wird klar, worum es geht. Denn Infrastrukturen zu schaffen, die Unternehmen genau dies ermöglichen, ist unser Kerngeschäft und Teil unserer DNA.
Fairerweise sollte ich jedoch sagen, dass viele mittlere und große Unternehmen den Handlungsbedarf schon erkannt haben. Hier sind wir dann beratend unterwegs und schlagen oftmals die Brücke zwischen den internen IT-Abteilungen, den Data Analysts und den Fachabteilungen, die ja letztlich alle von einer dynamischeren und skalierbaren Infrastruktur profitieren. Initiator dieser Entwicklungen ist oft die Marketingabteilung, denn gerade hier schauen Unternehmen besonders genau auf den ROI. Das Bedürfnis, die Effizienz der Marketingmaßnahmen zu erhöhen, ist deshalb entsprechend groß.
Danke für das Interview!
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.