Welche Auswirkungen Corona auf Marken und Unternehmen im Bereich Social Media hat, haben wir bereits hier im Blog thematisiert. Aber auch die Influencer Marketing und Blogger-Branche steht vor den unterschiedlichsten Herausforderungen. Über genau diese Herausforderungen, aber auch Chancen, haben wir mit Michael André Ankermüller von Blog Bohème gesprochen.
Viel Spaß mit dem Interview!
Hi Michael, in diesen Zeiten bekommt die Frage „wie geht es Dir“ ein ganz andere Bedeutung. Also: Wie geht es Dir und sie sieht dein Arbeitsalltag in den letzten Tagen und Wochen aus Michael? Homeoffice ist für Dich ja eher die Regel als die Ausnahme?
Michael: Mir geht es gut und ich bin gesund. Wirtschaftlich betrachtet, hat die Corona-Krise aber auch vor mir keinen Halt gemacht, obwohl ich immer darauf geachtet habe, so gut es geht, online zu arbeiten. Da ich einen großen Teil meines Einkommens als (Reise)-Blogger verdiene, sind auf unbestimmte Zeit alle anstehenden Aufträge abgesagt bzw. verschoben worden. Demnach verbringe ich auch mehr Zeit als sonst zu Hause. An meinem Arbeitsalltag hat sich nicht viel geändert, außer dass alles ruhiger und langsamer geworden ist. Und ich nun mehr Themen mache, die ich von zu Hause aus recherchieren kann.
Wie hat sich Deine Auftragslage in der Corona-Krise entwickelt? Agieren Deine Kunden vorsichtiger und verschieben eventuell sogar Aufträge?
Michael: Wie bereits erwähnt, ist die Auftragslage eher bescheiden. Der Großteil meiner Kunden hat erstmal geplante Kooperationen pausiert, jedoch nicht gänzlich abgesagt. Mein Gefühl ist, sobald die Pandemie vorbei ist, geht es möglicherweise doppelt so schnell wieder los.
Also gilt es jetzt die zusätzlich verfügbare Zeit richtig zu nutzen? Wie sieht das bei Dir aus? Netflix and Chill? Oder nutzt Du die Zeit beispielsweise auch dazu mehr zu bloggen, mehr Social Media zu nutzen, oder vielleicht auch für Weiterbildung? Stichwort E-Learning
Michael: Für Netflix und Chill bin ich nicht wirklich der Typ. Bei mir muss schon immer irgendwas gehen. Ich habe beispielsweise relativ rasch einen neuen Instagram Account angelegt, um der Berliner Gastronomie zu helfen, ihre Takeaway Angebote sichtbar zu machen. Innerhalb von zwei Wochen haben fast 1.000 Leute den Kanal Support Berlin Food abonniert.
Außerdem schreibe ich mehr an Beiträgen, die ich immer vor mir hergeschoben habe, da ich keine Zeit dafür hatte. Ich hab mir außerdem die Sprachlern-App Duolingo besorgt und mit Spanisch angefangen, aber meine Motivation hat mich schon wieder verlassen. Ansonsten fühlt sich die Zwangspause gar nicht so schlecht an, ich bin dennoch sehr froh, wenn diese ganzen Einschränkungen wieder vorbei sind.
Die Tourismusbranche hat es mit am härtesten getroffen. Kann man gleiches über die Sparte der Travel Blogger sagen?
Michael: Ja, definitiv. In meinem Bekannten- und Freundeskreis kenne ich viele Reiseblogger, die ihren Unterhalt ausschließlich mit Reisen, Affiliate Marketing, bezahlten Kooperationen, Social Media Management für Tourismus- Kunden bestritten haben. Die hat es schon sehr hart getroffen und die Einnahmen sind mit einem Schlag fast auf null.
Welche Chance bietet Influencer Marketing in Zeiten von Corona und warum sollte man vielleicht gerade jetzt seine Kooperationen intensivieren?
Michael: Aufgrund von Quarantäne, Selbst-Isolation und Ausgehbeschränkungen ist es nachvollziehbar, dass viele von uns vermutlich mehr Zeit als sonst mit ihren Smartphones verbringen. Daher ergibt es Sinn, gerade jetzt, mit Influencern bzw. Online-Medien und Blogs zusammenzuarbeiten, die passende Produkte bewerben. Als Unternehmen würde ich mir jedoch Gedanken machen, was aktuell wirklich gebraucht wird, sonst könnte es schnell zu einem Shit-Storm kommen. Sowohl für Unternehmen als auch InfluencerInnen.
Also nur Kampagnen für Klopapier und Nudeln? Mal im Ernst, viele Influencer sind bereits in Fettnäpfchen getreten und haben sich nicht wirklich gut präsentiert. Worauf sollte man bei seinen Posts jetzt speziell achten?
Michael: Das man keinesfalls versucht, aus der Notsituation einen erheblichen, finanziellen Profit zu schlagen. Das würde ich persönlich moralisch verwerflich finden. Auf manchen Blogs habe ich Banner Werbung für überteuerten Mundschutz gesehen, das fand ich schon arg daneben. Ansonsten: Authentizität, wichtiger denn je. Aber ich vermute, dass sich nicht viel ändern wird. Viel zu viele Influencer machen einfach das, was Geld bringt… leider.
Es gibt sicher einige Kampagnen, welche aktuell nicht angebracht sind. Was empfiehlst Du Influencerinnen und Unternehmen, wie sie mit geplanten Kampagnen umgehen sollten?
Michael: Warten, bis sich das Weltgeschehen wieder einigermaßen beruhigt hat. Auch, weil die Kaufkraft früher oder später nachlassen wird, da einfach sehr viele Menschen in Zukunft mehr auf ihr Geld achten müssen.
Und auf den möglichen Ansturm der Anfragen nach Corona vorbereiten? Geht das überhaupt?
Michael: Das wäre ein großes Glück. Sollte mir das passieren, würde ich mir definitiv weitere Unterstützung von freien Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen holen.
Wenn wir Corona überstanden haben, was wird sich Deiner Meinung nach beim Influencer Marketing ändern? Werden Influencer und Blogger mit Aufträgen überhäuft, oder wird es eine andere Art von Corona-Effekt für das Influencer Marketing geben?
Michael: Ich vermute, dass Corona auch langfristig das Influencer-Marketing Geschäft beeinflussen wird. Möglicherweise werden die Preise steigen, da hauptberufliche, ich sage lieber Content-Creator, ihre Ausfälle genauso wie die Firmen irgendwie kompensieren müssen. Für gewisse Branchen wie beispielsweise Reisen sehe ich ebenfalls langfristig eine gute Entwicklung und zahlreiche Aufträge, die vergeben werden. Es wird sich zeigen, wer die Krise wirtschaftlich überleben wird. Sowohl aufseiten des Tourismus als auch auf Influencer, Blogger, Online-Medium Seite.
Unternehmen wären also nicht schlecht beraten jetzt Kampagnen für die Zukunft zu planen, da die Preise aktuell wahrscheinlich sinken?
Michael: Definitiv. Das wird auch passieren, sobald alle Unternehmen die nötigen Zuschusshilfen vom Staat bekommen haben.
Du bist ja ein Verfechter von Blogs. Sind Blogs vielleicht momentan die besseren Kanäle für Influencer und warum ist ein digitales Zuhause für Dich so wichtig? Speziell in der aktuellen Situation.
Michael: Blogs waren und sind schon immer besser gewesen, als Social Media Kanäle. Zumindest, was das Thema Unabhängigkeit betrifft. Wenn Facebook / Instagram morgen sagt, dass sie aufhören, bringt Dir auch deine Anzahl an Follower nichts. Zumal sowieso nur ein Bruchteil deine Inhalte sieht. Bei einem Blog bist Du der Boss. Social Media ist eine tolle Sache, um sich inspirieren zu lassen. Aber, um langfristig eine Marke aufzubauen, braucht es mehr als ein IG / FB Profil. Und natürlich macht es einfach Spaß, zu bloggen. Das ist der Grund, wieso ich vor zehn Jahren damit angefangen habe.
Dein Blog ist also auch das Medium, welches Du aktuell am stärksten nutzt? Viele Menschen setzen momentan auch auf Livestreams. Ein spannendes Format, bei dem aber oftmals noch die Übung und inhaltliche Struktur fehlt. Kann man sich in Blogs einfach besser ausdrücken? Oder alles reine Typsache?
Michael: Ich blogge schon seit zehn Jahren. Das ist mein Medium. Und das wird vermutlich auch am stärksten mit mir in Verbindung gebracht. Aber auf Blog.Bohème schreiben ja mittlerweile auch weitere Autoren / Autorinnen. Ich finde Livestreams eigentlich cool, aber aufgrund von Corona setzt nun jeder irgendwie auf Livestreams, was es für mich langweilig macht. Und ich frage mich auch, wer soll diese ganzen Streams anschauen? Gut finde ich beispielsweise United We Stream, eine Streaming-Plattform von Berliner Clubs und Künstler*innen.
Danke für das Interview und deinen Einblick auf die aktuelle Situation. Bleib gesund!
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.
Vielen Dank für dieses Interview! Ich wünsche Michael und allen anderen Travelbloggern, dass diese Krise nun hoffentlich bald überwunden ist. Bei uns auf trusted-blogs erhalten mehr als 600 Reiseblogger seit mehr als einem Jahr keine Aufträge mehr, weil die Tourismusbranche immer noch am Boden liegt. Für trusted blogs hat das im Jahr 2020 zu einem Umsatzeinbruch von 50% geführt, weil die meisten unserer Kunden aus dem Tourismusbereich kommen. So hoffen auch wir selbst, dass die Menschen möglichst bald wieder reisen dürfen.