Influencer Marketing Social Media

Durchblick im Zieldschungel der Influencer-Kommunikation

Gastbeitrag von Nils S. Borchers und Nadja Enke

Influencer-Kommunikation ist ein vielseitiges Instrument, das den Werkzeugkasten der strategischen Kommunikation um viele neue und spannende Optionen erweitert. Sie kann eingesetzt werden, um ganz unterschiedliche Ziele zu erreichen. Im Rahmen unserer Studie zum „Management strategischer Influencer-Kommunikation“ hat uns interessiert, welche tatsächlichen Ziele Organisationen verfolgen, wenn sie mit Influencern zusammenarbeiten.

Um das zu erfahren, haben wir Forschungsinterviews mit Vertretern von Influencer-Agenturen und den sie beauftragenden Organisationen geführt – darunter sowohl internationale Großkonzerne als auch Start-up, NGOs genauso wie staatliche Agenturen und Behörden.

Die identifizierten Ziele haben wir sodann mit Hilfe einer anerkannten Klassifikation geordnet. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: Sie erlaubt es Euch, die Ziele Eurer Influencer-Kampagne systematisch und aufeinander abgestimmt abzuleiten. In diesem Gastbeitrag stellen wir Euch als Ergebnisausschnitt die identifizierten Ziele strategischer Influencer-Kommunikation vor und erläutern, wie Ihr die Ergebnisse in der Praxis anwenden könnt. Aber lest selbst!

Planung von Influencer-Kommunikation: Nicht alle Ziele gehören in einen Topf

In der strategischen Unternehmens- und Kommunikationssteuerung werden Ziele und Ergebnisse verschiedenen Ebenen zugeteilt und differenziert gemessen. Etabliert ist beispielsweise die Unterscheidung von Input-, Output- und Outcome-Ebene. Sie ist vor allem deshalb praktisch, weil sie eine Zielhierarchie entwirft, die aufzeigt, welche Ziele Voraussetzungen für andere Ziele darstellen und entsprechend vorher erreicht werden müssen. Auf diese Weise behaltet Ihr im Blick, wie einzelne Ziele aufeinander aufbauen und miteinander in Beziehung stehen.

Ziele auf der Outcome-Ebene

Die Outcome-Ebene umfasst die Wirkungen, die auf Basis der erbrachten Leistungen erzielt werden sollen. Sie stellt zumeist die eigentliche Zieldimension dar und kann daher als höchste der drei Ebene angesehen werden. Um Outcome-Ziele zu erreichen, müssen oftmals zunächst Zielvorgaben auf Input- und Output-Ebene erfüllt werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Kommunikationsplanung mit der Outcome-Ebene zu beginnen.

Typische Ziele auf der Outcome-Ebene sind Conversions und Verkauf.

Insbesondere NGOs und Behörden zielen natürlich nicht auf den Verkauf von Produkten ab. Für sie geht es im Rahmen von Influencer-Kommunikation vielmehr um Conversions im Sinne von Anmeldungen zu Programmen oder Gewinnung von Spendern. Ein weiteres typisches Ziel auf der Outcome-Ebene ist die Steigerung der Bekanntheit von Unternehmen, Produkten oder einzelnen Themen. Zudem zielen Organisationen darauf ab, gewünschte Markenimages durch Influencer zu etablieren. Weniger weitverbreitete Ziele, die ebenfalls auf der Outcome-Ebene liegen, sind das Community Building, generelle Kundenbindung, Produktweiterentwicklungen mit Hilfe von durch Influencer katalysiertem Feedback und die Beeinflussung von politischen Entscheidungsprozessen.

Der detaillierte Blick auf die möglichen Outcome-Ziele zeigt, dass Influencer-Kommunikation tatsächlich über die reine Marketingfunktion hinausreicht. Sie wird ebenfalls eingesetzt, um Ziele aus den Bereichen Innovationskommunikation oder PR zu erreichen – wie etwa Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse zu gewinnen.

Ziele auf der Output-Ebene

Ziele auf der Output-Ebene beziehen sich auf die Kommunikationsprodukte und ‑aktivitäten, die erstellt bzw. durchgeführt werden sollen. In einer weiteren Sichtweise umfasst die Output-Ebene daneben auch die Rezeption der Produkte und daran anschließende Interaktionen.

Zu den klassischen Zielen auf der Output-Ebene gehört die Erstellung von Content durch oder mit Influencern und, daran gebunden, die Generierung von Reichweiten, Interaktionen sowie die Suchmaschinenoptimierung.

Auch Authentizität, gleichsam zentrales Konzept und überragendes Buzzsword im Feld, können wir auf dieser Ebene wiederfinden. Unsere Untersuchung zeigt, dass es bei der strategischen Influencer-Kommunikation häufig nicht darum geht, dass Organisationen und ihre Kommunikation authentisch wirken, Authentizität somit ein Ziel auf der Outcome-Ebene wäre. Vielmehr wird mit dem Influencer ein authentischer Kommunikator eingesetzt, der wiederum in der Lage ist, authentischen Content zu produzieren. Influencer und Influencer-Content erhalten somit die Funktion, die Ziele auf der Outcome-Ebene effizienter und effektiver zu erreichen. Organisationen lagern Authentizität gewissermaßen an Influencer aus, statt sie selbst aufzubauen.

Spätestens hier zeigt sich, warum es sinnvoll ist, bei der Definition der Zielsetzungen zwischen den drei Ebenen zu unterscheiden: Erst nachdem Du definiert hast, was Du auf der Outcome-Ebene erreichen willst, ist es qualifiziert möglich zu bestimmen, welche Kommunikationsprodukte, Reichweiten und Interaktionsraten für das Erreichen der dieser Ziele notwendig sind. Vor allem solltest Du bedenken, dass nicht alle Kommunikationsziele hohe Reichweiten erfordern. Manchmal können Ziele auch durch eine hohe Interaktion in einer spitzen Zielgruppe erreicht werden. Oder der Content des Influencers soll auf auf Grund seiner Qualität auf eigenen Kanälen eingesetzt werden – auch dann ist die Reichweite auf Influencer-Kanälen höchstens zweitrangig.

Ziele auf der Input-Ebene

Im nächsten Schritt kannst Du bestimmen, welche Influencer-Ressourcen Du benötigst, um Deine Ziele auf Output- und Outcome-Ebene zu erreichen.

Zu diesen Ressourcen gehören die Beziehung der Influencer zu ihren Followern, ihre Contentproduktions- und Contentdistributionskompetenz. Die Contentproduktionskompetenz kann dabei sowohl für Influencer- als auch organisationseigene Kanäle genutzt werden. Eng an die Ressourcen sind die verschiedenen Rollen gebunden, die Influencer in einer Kampagne einnehmen können. Wir konnten fünf solcher Rollen identifizieren:

Influencer treten als Content Creator, Multiplikator, Protagonist, Moderator und Berater in Erscheinung.

Jede dieser Rollen besitzt im Rahmen einer Kampagne eine spezifische Funktion, die auf einzelne Ziele abgestimmt ist. Beispielsweise ist die Rolle des Moderators sinnvoll, wenn Interaktionen erzeugt oder wenn Conversions für ein erklärungsbedürftiges Produkt generiert werden sollen.

Tiefergehende Ausführungen zu den Rollen und ihrem spezifischen Einsatz findest Du im Projektbericht zu unserer Studie.

Ausrichtung der Ziele auf die Kommunikationsstrategie

Um Effektivität und Effizienz der Influencer-Kommunikation zu steigern, sollte sie stringent auf die Kommunikationsstrategie der Organisation ausgerichtet werden. Dazu ist es notwendig, zunächst die übergeordneten Ziele auf der Outcome-Ebene sowie die Anspruchs- bzw. Zielgruppen der Maßnahme klar zu definieren. Auf dieser Grundlage ist es dann auch möglich, die Influencer-Maßnahmen mit anderen Kommunikationsmaßnahmen abzustimmen.

Unsere Studie zeigt, dass eine solche Integration der Influencer-Maßnahmen in Gesamtstrategie und Maßnahmenpakete häufig noch fehlt. Vielmehr werden Influencer-Kampagnen oftmals relativ unabhängig von anderen Kommunikationsaktivitäten geplant und durchgeführt.

Wie jedes andere Instrument der strategischen Kommunikation auch, besitzt die Influencer-Kommunikation nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen. Es gilt, die jeweiligen Schwächen durch eine geeignete Abstimmung der Maßnahmen auszugleichen, um so die Stärken der Einzelmaßnahmen voll ausspielen zu können. Beispielsweise eignet sich Influencer-Kommunikation besonders, um junge Zielgruppen anzusprechen. Für die Ansprache anderer Zielgruppen ist sie jedoch zum Teil weitaus weniger geeignet. Ist es Ziel der Kampagne, die Bekanntheit eines Produkts in heterogenen Zielgruppen zu erhöhen, kann es daher sinnvoll sein, neben der Kooperation mit Influencern etwa auch Anzeigen in relevanten Zeitschriften zu schalten. Dabei kann der von Influencern produzierte Content (etwa Bildmaterial) durchaus zur Gestaltung der Anzeigen genutzt werden.

Eine erfolgreiche Integration der Maßnahmen ist aber nur dann möglich, wenn sie ganzheitlich gedacht wird und somit auch Strukturen und Prozesse integriert gestaltet werden. Daher stehen Organisationen und die sie beratenden Agenturen vor der Herausforderung, Strukturen aufzubauen und Prozesse aufzusetzen, die den zielgerichteten und verzahnten Einsatz der Influencer-Kommunikation unterstützen. Zu diesen Strukturen gehört eine geeignete Aufhängung von Abteilungen und Verantwortlichkeiten über Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse genauso wie die Anbindung über Berichtswege.

Influencer-Kommunikation: Mit systematischer Planung zum Erfolg

Unabhängig davon, welche Ziele Du verfolgst – wir möchten Dir raten, Deine Influencer-Maßnahmen systematisch ausgehend von der Outcome- bis zur Input-Ebene zu planen und sie aus der allgemeine Kommunikationsstrategie abzuleiten. Mit dem richtigen Denkwerkzeug wirst Du schnell in der Lage sein, die Effektivität und Effizienz Deiner Influencer-Maßnahmen zu optimieren.

Über die Autoren:

Dr. Nils S. Borchers

Dr. Nils S. Borchers ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strategische Kommunikation am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig. Er forscht zu den Themen Werbekommunikation, Influencer Marketing, Online-Bewertungen und Sharing Economy. Aktuell leitet er ein Forschungsprojekt zum Management der Influencer-Kommunikation an der Universität Leipzig. Er ist Sprecher der Fachgruppe Werbekommunikation in der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft.

Nadja Enke

Nadja Enke ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juniorprofessur Online-Kommunikation am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft und in der Universitätskommunikation der Universität Leipzig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen strategische Social-Media-Influencer-Kommunikation, strategische Kommunikation von Medienorganisationen und Wissenschaftskommunikation. Darüber hinaus ist sie freiberufliche Kommunikationsberaterin.

In verschiedenen Praxisstationen sammelte sie Erfahrungen in der internen und externen Unternehmenskommunikation und im Online Marketing. Zuvor studierte sie Kommunikations- und Medienwissenschaft, Kommunikationsmanagement und Politikwissenschaft an der Universität Leipzig und der Yeditepe University in Istanbul.

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