Lead macht heute mit der Schlagzeile “Unilever kürzt Social Media zugunsten von Word-of-Mouth” auf einen Vortrag von Debbie Weinstein (Unilever Senior Director, Global Media Innovation) in London aufmerksam. Danach plane Unilever seine Social Media-Etats zu kürzen und stattdessen stärker in Word of Mouth zu investieren: “In Zukunft versuchen wir breiter angelegte CRM-Strategien zu entwickeln und suchen Marken-Fürsprecher durch Word of Mouth”, erklärte Weinstein auf der Social Brands-Konferenz in London.
Wir haben den Vortrag nicht gehört, aber diese Aussage könnte die Erkenntnis reflektieren, dass Unilever in den letzten Jahren mit der Gießkanne versucht hat, Facebook Fans aufzubauen. Und in der Tat ist dies oft nicht der richtige Ansatz. Denn welchen Wert hat ein Fan für Marke und Unternehmen, der nur über eine Promotion eine Bindung eingegangen ist? Und welchen ROI kann über eine solche unqualifizierte Fanbeziehung überhaupt entstehen?
Die Aussage von Frau Weinstein reflektiert die Erfahrungen vieler Unternehmen, die in den Jahren 2010 und 2011 in Facebook (oder Social Media) Marketing investiert haben. Hier haben wir viele promotionale Kampagnen gesehen, die darauf ausgelegt waren, schnell hohe Fanreichweiten aufzubauen. Bruttoreichweiten wohlgemerkt, denn abgesehen vom Anzeigentargeting (z.B. nach Alter, Geschlecht oder Interessen der Facebook Nutzer) waren viele Kampagnen breit angelegt. Die Ergebnisse waren (und sind) schwer meßbar und so wurde der Erfolg oft nur an der Fanzahl festgemacht.
So (einfach) wird es aber nicht weitergehen können. Und insofern steht Debbie Weinstein nicht allein da, wenn es darum geht, Social Media für den qualifizierten Dialog mit Konsumenten einzusetzen. Social CRM ist hier das Stichwort. Wir sprechen in unserer Arbeit mit Kunden auch vom “Fan-Kunden”. Der Fan-Kunde ist ein aus dem Kundenkreis rekrutierter Fan, der sich durch eine postive Grundeinstellung zu Marke und Unternehmen auszeichnet. Der Fan-Kunden wird wie der “normale” Kunde über die Marke sprechen, er ist Markenbotschafter. Die sozialen Medien ermögichen es, diese Mundpropaganda zu stimulieren, z.B. über eine Fanpage oder eine open graph Funktion. Es entsteht digitale, soziale Mundpropaganda. Der Wert des Fan-Kunden ist damit ungleich höher als der des “Promotion-Fans”.
Word-of-Mouth killt also nicht Social Media. Im Gegenteil, Social Media ermöglicht es, Word-of-Mouth besonders schnell und effektiv zu gestalten. Denn die sozialen Medien haben gegenüber der analogen Word-of-Mouth einen Vorteil: Sie sind schneller und entsprechend dem neuen Kommunikationsverhalten der Menschen im digitalen, sozialen Zeitalter: Always connected.
Unilever steht mit dieser Erkenntnis nicht alleine da. Der Nestlé Marktplatz sei hier als ein Beispiel genannt, wie z.B. über Produkttests Kunden zu Markenbotschafter gemacht werden. In 2012 werden wir noch viele Ansätze sehen, wie Kundenbeziehungen via Facebook qualifiziert werden. Der Promotion Fan wird zwar nicht aussterben, aber sein strategischer Wert für die Marke zu recht öfter hinterfragt werden.
Geschäftsführer der Agentur BRANDPUNKT sowie Gründer / Autor von Futurebiz.
Brandpunkt ist eine Berliner Agentur für Digitale Markenführung & Social Media.