Social TV ist ja auch eines dieser Hype-Themen. Ähnlich wie bei Social Commerce wird hier momentan viel experimentiert und ausprobiert.
Oft agieren Unternehmen aber noch sehr zaghaft bzw. wissen nicht genau, was Social TV genau für sie bedeutet.
Social TV ist mehr als Twitter Hashtags
Der wohl am meisten verbreitete Ansatz von Social TV sind Hashtags auf Twitter (und Google+). Doch ist ein Hashtag Social TV? In meinen Augen ist ein Hashtag eine Grundfunktion von Twitter, die Nutzer für sich einsetzen um über Themen zu diskutieren. So gibt es natürlich auch Hashtags zu TV-Sendungen, doch hierfür brauchen die Nutzer den Sender bzw. die Unternehmen nicht. Die Diskussionen kommen von alleine auf und meistens setzen die Nutzer auch auf eigene Hashtags.
Ein Beispiel hierfür ist der Eurovision Song Contest. Hier gab es einmal den Hashtag #ESC und dann kam die ARD und startete einen eigenen Hashtag #ardesc. Warum? Es macht den Anschein, dass die ARD auf einen eigenen Hashtag setzen wollte, um eingehende Tweets besser filtern zu können. Problem hierbei ist nur, dass die meisten Nutzer eben den anderen Hashtag verwendet haben. So entgehen der ARD aktuelle Tweets und zweitens wird die Dokumentation auf der Webseite hierdurch eingeschränkt.
Hashtags sind nur ein Feature von Twitter und kein Social TV. Sonst könnte man auch sagen, dass ein Facebook Kommentar zu einem TV-Event Social TV ist. Ist es aber nicht.
Prinzipiell muss zwischen zwei verschiedenen Ansätzen unterschieden werden. Einmal Social TV in Form von Check-In Apps wie GetGlue, oder Couchfunk (Gratulation an die APP) und Social TV Kampagnen, die auf Sendungen abgestimmt sind. Beispiele wären Berin Tag und Nacht und The Voice of Germany.
Apps wie GetGlue verlagern die Diskussion jedoch lediglich auf einen anderen Kanal. Für den Nutzer also kein wirklicher Mehrwert. GetGlue weiß das und hat aus diesem Grund die “Sticker” eingeführt, mit denen Nutzer für Check-Ins belohnt werden. Das gute bei GetGlue ist, dass hier Social TV über Fernsehsendungen hinausgeht und beispielsweise auch Film-Trailer eine entscheidende Rolle spielen. In Zeiten von Hulu, Netflix, oder Lovefilm ist Social TV nicht mehr auf reine Fernseh-Events beschränkt. Theoretisch müsste es auch Social Streaming bzw. Social Cinema geben.
Hier sehe ich auch noch eine Schwachstelle von Couchfunk. Die App macht einen guten Eindruck, doch ob die Check-In Funktionalität und ein Stream der eingehenden Nachrichten dafür ausreicht, um Nutzer langfristig an die App zu binden, wage ich zu bezweifeln. Ich persönlich verfolge die Diskussionen lieber direkt auf Twitter.
Social TV als Element einer TV-Sendung
In diversen TV-Sendungen werden Zuschauer nach Meinungen gefragt und diese werden dann in die Sendungen integriert. Meist sind es Segmente von zwei-drei Minuten und das war es dann auch schon. Formate wie die Rundshow gehen hier schon einen Schritt weiter und setzen beispielsweise auf Google+ Hangouts. Ziel muss sein Nutzer, die sowieso über das Programm diskutieren, stärker in die Sendung zu involvieren und so auch neue Kontakte zwischen den Nutzern aufzubauen. Dies funktioniert beispielsweise bei GetGlue und Couchfunk ziemlich gut. Die TV-Sender profitieren hiervon aber nicht unmittelbar.
Effektiver ist hier der Ansatz, den RTL 2 mit Berlin Tag und Nacht verfolgt. Hier können Nutzer unmittelbaren Einfluss auf die Sendung nehmen. Es gibt exklusives Material auf Facebook und ganz wichtig eine gute mobile App. Wo wir auch schon beim nächsten Buzz Word wären: Second Screen.
Second Screen als Element von Social TV
Second Screen kann natürlich viel bedeuten. Schaut sich ein Nutzer den Tatort an und veröffentlicht parallel auf seinem Smartphone Tweets, dann wäre das Smartphone der Second Screen.
In Deutschland verwenden 12 % ein Tablet während sie fernsehen und 9 % ihr Smartphone.
Für Unternehmen wird der Second Screen besonders interessant, wenn eine eigens entwickelte App auf dem Smartphone, oder Tablet verwendet wird. Aktuell gibt es hier ein Projekt von RTL. Mit der RTL Inside App können Nutzer in Sendungen einchecken, mit Freunden Chatten und beispielsweise einen Programm-Planer verwenden.
Ähnlich wie bei Facebook Apps, sind auch bei mobilen Anwendungen Benachrichtigungen ein gutes Mittel, um Nutzer auf den Start von Sendungen, oder neuen Inhalten in der App, aufmerksam zu machen. So informiert Orange France Nutzer in der French Open App darüber, wann ein Match seines Lieblingsspielers beginnt und versieht diese Benachrichtigung mit den typischen Schiedsrichteransagen des Turniers.
Für TV-Sender ist meist der richtige Ansatz, eine Programmübergreifende App zu entwickeln, als pro Sendung eine eigene Applikation. Erstens sind hier die Entwicklungskosten geringer und man kann mit einer einzigen App verschiedene Zuschauergruppen erreichen und so eventuell durch Empfehlungen neuen Zuse her gewinnen.
Social TV trifft Open Graph
Wenn ich an Social TV und mobile Apps denke, kommt mir natürlich auch sofort der Open Graph in den Sinn. Hier passiert momentan noch sehr wenig, obwohl eine Verknüpfung der Apps zu Facebook (Open Graph) Unternehmen vielfältige Integrationsmöglichkeiten bietet. So könnten beispielsweise Video-Aufrufe innerhalb der App gesteigert und neue Nutzer der App an sich gesteigert werden. Viele Anwendungen bieten eine Verknüpfung zu Facebook an, doch nachdem Login Vorgang, endet diese Verknüpfung meist. Hier besteht noch viel Potenzial, welches dem Begriff Social TV auf Facebook ein komplett neues Gesicht verleihen könnte.
Wenn Social Commerce so langsam den Kinderschuhen entwächst, dann steckt Social TV noch tief drin. Vorreiter sind wie so oft die USA. Ein Grund hierfür sind sicherlich die großen Produktionsstudios, die einfach interessantere und qualitativ hochwertigere Inhalte produzieren (speziell TV-Serien) und auf der anderen Seite herrscht hier immer noch ein Social Media Vorsprung von gefühlt zwei Jahren. Nutzer sind mit der Materie vertrautet und eine Verknüpfung von TV, Filmen und Videos und sozialen Elementen ist wesentlich weiter verbreitet.
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
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