Für viele Publisher ist Facebook ein sehr wichtiger Traffic-Lieferant. Durch einen Artikel von Digiday bin ich (leider) wieder einmal auf Providr gestoßen. Providr? Providr produziert massenhaft Inhalte zu den unterschiedlichsten Themengebieten. Anstatt die Inhalte aber über die eigene Webseite zu verbreiten, hat sich Providr eine andere Mechanik für die Verbreitung einfallen lassen.
Impressions ohne Rücksicht auf Verluste
Providr arbeitet mit Social Media Influencern zusammen. Mit Influencern sind hier aber nicht Blogger, Instagrammer und Snapper gemeint, sondern diverse Facebook Seiten von Prominenten, die ihre Seite durch Providr finanzieren. Providr beschreibt sein Geschäftsmodell wie folgt:
Providr’s mission is to create content that helps celebrities and social media influencers generate income while providing their audiences with brand-friendly content that they will love and engage with.
Prinzipiell keine schlechte Idee, wenn da nicht die Inhalte wären.
Bildquelle: Providr
Man kann Providr durchaus als einen Clickbait-Experten beschreiben. Sonst hätte ich mich auch nicht an Providr erinnern können. Die Inhalte sind traurigerweise aber nur das kleinere Übel. Noch viel schlimmer ist die unsägliche Integration von Bannern, Pop-Ups, unnötigen Media-Gallerien, nervigen “verwandten Inhalten” (Native Advertising des Grauens) und all dem, was man auf einer Webseite nicht sehen möchte. Zwar schafft es Providr den unterschiedlichen Influencern passende Themen zur Verfügung zu stellen, die Aufbereitung der Inhalte ist aber alles andere als Leserfreundlich.
Wer mit Providr und Co. kooperiert, sollte sich auch einmal die Inhalte und die Webseite ansehen, bevor täglich mehrere Links planlos veröffentlicht werden. Providr macht es geschickt, denn die negative Nutzererfahrung fällt nur selten direkt auf Providr zurück. Die Influencer bekommen das negative Feedback. Besonders mobil sind die von Providr produzierten Inhalte eine Qual.
Warum folgen Menschen Influencern?
Schauspieler Omar Apps hat über 1 Mio. Fans auf Facebook. Niemand wurde Fan von Omar Apps auf Grund der geteilten Providr Artikel.
Bildquelle Facebook: Omar Epps
Und niemand möchte sie auch sehen. 10-15 geteilte Artikel pro Tag sind keine Ausnahme. Der Deal mit Providr muss ja auch erfüllt werden. Jeder andere Inhalt auf der Facebook Seite von Omar Apps funktioniert besser als Providr Inhalte. Deshalb reicht auch nicht ein Artikel, da müssen es schon mindestens zehn sein. Omar Epps ist ein super Testimonial für Providr. Sein Statement geht doch aber ziemlich an der Realität vorbei. Aber was soll er schon sagen, er bekommt ja Geld.
“Since I began working with Providr, I’ve been more than pleased with the results. Not only are they extremely professional and always pay on time, but they also have helped grow and engage my Facebook audience by providing my fans with daily curated content that my audience finds interesting and enjoys.”
Wenn das der tolle Plan von innovativen und aufstrebenden Publishern ist, dann Gute Nacht. Menschen folgen Influencern entweder wegen den Inhalten, oder wegen der Person an sich. Dennoch sind Providr und Co. ein interessantes Beispiel dafür, wie Influencer zur Verbreitung von Inhalten eingesetzt werden. Es ist quasi der umgekehrte Ansatz.
Marken und Unternehmen fehlt es oft an Inhalten. So werden Influencer nicht nur für Kampagnen, sondern auch immer öfter für die Content-Produktion eingesetzt. Ein Punkt der für viele Marken immer wichtiger wird und von Marken wie Mercedes-Benz bereits sehr erfolgreich umgesetzt wird. Der Unterschied ist, Mercedes-Benz bekommt von Nutzern hervorragende Inhalte zur Verfügung gestellt. Providr hingegen setzt auf Quantität und das Ziel sind keine hochwertigen Inhalte sondern möglichst viele Impressions.
An den Kommentaren unter den Providr Links erkennt man übrigens auch, welche “Nutzer” hier angezogen werden. Ein Großteil er Kommentare sind einfach nur Spam. Das ist bei großen Facebook Seiten oft der Fall. Aber bei den Providr Posts sind es relativ weniger Interaktionen und dann hauptsächlich Spam. Also nichts mit brand-friendly Content.
Publisher kaufen Traffic über Influencer ein. Darum geht es und um nichts anderes.
Facebook Branded Content?
Fraglich ist auch, wie es sich mit dem Thema Facebook Branded Content verhält. Theoretisch müssten Omar Epps und Co. bei den geteilten Providr Artikeln den Hinweis setzen und klar kennzeichnen, dass es sich um bezahlte Inhalte handelt. Das funktioniert aber auch rein technisch nicht. Providr hat keinen eigenen Facebook Auftritt. Allein dieses Beispiel zeigt, dass Facebook hier noch nachbessern muss und nicht nur die Kennzeichnung verdeutlichen, sondern das komplette Branded Content Feature anpassen muss.
Providr möchte die Impressions einsammeln, aber nicht in der Kommunikation auftauchen. Warum auch? Dann würde es ja aussehen, dass Omar Beiträge vorgegeben bekommt, die ihn vielleicht selber nicht interessieren…
Wenn sich Influencer Marketing in eine Richtung NICHT entwickeln sollte, dann in diese. Es geht hier weder um Content-Qualität, eine zielgruppengerechte Ansprache, noch um Glaubwürdigkeit. Es geht gegen alles, was für uns Influencer Marketing ist und ausmacht.
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.