Social Media

Über die Bedeutung von Social Media & die Belanglosigkeit von Social Media Marketing

Social Media Kommunikation Ukraine Marken Zurückhaltung
Foto von Joshua Eckstein auf Unsplash

Die Social Media Nutzung und die Bedeutung von sozialen Netzwerken zeigen sich in der aktuellen Krisensituation von zwei Seiten, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Wir haben die Nutzung von sozialen Netzwerken rund um den Krieg zur Ukraine. Hier wird informiert, Menschen tauschen sich aus und versuchen sich gegenseitig Mut zuzusprechen. Noch viel beeindruckender ist, wie Wolodymyr Selensky, Vladimir und Vitaly Klitschko, sowie die ukrainische Regierung soziale Medien nutzen, um ihre Standpunkte und aktuelle Entwicklungen zu kommunizieren.

Der Großteil der Social-Media-Marketing-Aktivitäten sind momentan belanglos

Dann haben wir auf der anderen Seite das Social Media Marketing. 😵‍💫

Marken und Unternehmen sind verfangen in Redaktionsplänen und stellen sich die Frage, wie sie in solch einer schlimmen Situation kommunizieren sollen. Sollen sie es überhaupt?

Da geht es einmal um unpassende Inhalte und Kampagnen, die hoffentlich zurückgehalten werden (Grüße auch an die ganzen tollen Influencer*innen, die jetzt ihre Coaching-Programme reduziert anbieten). Es geht aber auch um die Möglichkeit, Positionen zu beziehen. Während der erste Punkt leicht zu lösen ist, sieht es beim zweiten schon anders aus, wie unteranderem der Post von Edeka zeigte.

Es ist ein zweischneidiges Schwert und in den meisten Fällen sollten sich Unternehmen mit ihren Social Media Aktivitäten zurückhalten und einfach nichts sagen. Teilweise erinnert es mich aber an die Unart, die von Unternehmen früher beim Tod von prominenten Personen eingesetzt wurde. Speziell auf Facebook sind damals Inhalte veröffentlicht worden, bei denen man nur den Kopf schütteln konnte. “Like = Beileidsbekundungen”. Das Thema hat sich zum Glück erledigt.

Sicher ist das nicht mit dem Krieg in der Ukraine vergleichbar, aber wenn Krisen dafür genutzt werden, um sich ins gute Licht zu stellen und ein paar schnelle Likes einzusammeln, dann läuft so ziemlich alles falsch. Ich möchte das Edeka auf keinen Fall unterstellen, aber Intention und Wahrnehmung sind oftmals zwei unterschiedliche Dinge. Wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist, zeigen auch die Reaktionen. Von “super Statement” bis zu “habt ihr sie noch alle?” ist alles mit dabei. Auf Social Media macht der Ton oftmals die Musik. Leise Töne und Zurückhaltung sind in solch einer Situation aber dabei in der Regel die richtige und notwendige Wahl.

Schlimmer wird es dann, wenn man den Beitrag als einen “Erfolg” aus Social-Media-Marketing-Perspektive bezeichnet. Das hat dann auch nichts mehr mit Real-Time zu tun.

“Erst denken, dann teilen” gilt auch für das Social Media Marketing

Des Weiteren ist es für mich auch ein Unterschied, ob Eintracht Frankfurt oder Bayern München ihre Stadien in den Farben der ukrainischen Flagge anstrahlt, oder ob es Post von Edeka ist.

Ein anderes Beispiel ist die Telekom. Hier wurden die eigenen Aktivitäten auch in sozialen Netzwerken kommuniziert, aber es steckt auch deutlich mehr dahinter. Die Telekom stellte Verbindungen ihrer Privat- und Geschäftskund*innen in die Ukraine und aus dem Land heraus auf kostenfrei um. Das wurde in sozialen Netzwerken kommuniziert und das ist auch richtig.

So könnten andere Marken und Unternehmen natürlich auch aktiv werden. Nicht wie die Telekom und Vodafone, sondern durch Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung. Spenden, Organisationen unterstützen und je nach Fall, mit den eigenen Mitteln helfen. Wenn man dies macht und das sollte man, dann heißt das aber nicht, dass dies dann der notwendige Social Media Content ist. Wer gutes tut, über den wird gesprochen, speziell in diesen Zeiten.

Tagesschau hat einen Artikel mit dem Titel “Erst denken, dann teilen” veröffentlicht. Es handelt sich um einen anderen Kontext, aber das sollten sich Marken und Unternehmen auf die Fahne schreiben.

Auch wenn immer mehr Menschen möchten, dass sich Unternehmen positionieren, kommt es auf die Art und Weise und den Moment an. 35 % hätten von Unternehmen gerne, dass sie sich bei wichtigen Themen positionieren. Positionieren ist aber ungleich Marketing. Genau das ist das Problem und führt zu der so oft zitierten fehlenden “Authentizität”. Auch dann, wenn es ursprünglich gut gemeint war.

Die Kraft und Bedeutung von Social Media

Wir sehen die Kraft von sozialen Netzwerken so deutlich wie lange nicht mehr. Wolodymyr Selensky nutzt Twitter nicht nur um die aktuelle Notsituation zu beschreiben, sondern auch um Appelle und Hilfsbekundungen zu äußern, auf die dann beispielsweise Elon Musk eingeht. Soziale Netzwerke haben viel Licht und Schatten. Wie Selensky Twitter nutzt, zeigt die Stärke von Social Media, in einer leider nahezu unvorstellbaren Situation. Ohne soziale Netzwerke wäre diese Kommunikation von Selensky aber einfach nicht möglich. Casey Newton hat einen lesenswerten Artikel zur Twitter-Aktivität von Selensky geschrieben und greift einen Auszug aus einem NY Times Artikel auf, welcher den Impact schön aufzeigt:

“Mr. Zelensky’s actions and the tough resistance efforts from ordinary Ukrainian men and women … have also had an important impact on European opinion, European officials say, making it easier for their leaders to be bolder and to more freely accept refugees coming their way from Ukraine.”

Quelle: The New York Times

Für Selensky und für die Ukraine haben soziale Netzwerke und die Macht von Social Media eine enorme Bedeutung. Botschaften von Marken und Unternehmen hingegen sind in solchen Situationen unwichtig, zumindest dann, wenn nichts dahintersteckt.

Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.

8 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Totschweigen kommt nicht in Frage. Inwiefern sollten sich Unternehmen in politische Themen einmischen? Diese Frage ist ja bekannterweise nicht neu. Im Laufe der Jahre haben sich die Kampagnen gehäuft, mit denen sich die Werber, bspw., an Wahlen beteiligt haben. Initiativen wie Black Lives Matter oder die Kundgebungen von Fridays for Future haben ebenfalls dazu beigetragen.

    Doch Krieg? Bei der Diskussion über Edeka sprachen viele User davon, es sei wichtig, dass Marken jetzt handeln, wohingegen die Werbung in den Hintergrund treten solle.

    Die Alternative ist, nicht zu reagieren.

  2. Um welchen Post der Edeka handelt es sich genau? Und auf welcher Plattform: Instagram, Facebook oder Twitter?

  3. P.S. Meine Mail an blog@futurebiz.com ist vielleicht im Spamfilter hängen geblieben. Daher auf diesem Weg eine Ergänzung zu meinem Kommentar vom 4.3.:

    Der Text zwischen den Anführungszeichen wurde wohl (wegen einer Formatierung) zerschossen, bzw. nicht angezeigt. Dort hatte ich dies geschrieben:

    »Tue Gutes und halt die Klappe«

    Beste Grüße
    Eddy

  4. Ein wunderbares Statement – vielen Dank dafür, lieber Jan!

    Zufällg habe ich auf LinkedIn heute geschrieben » « was wohl thematisch recht gut passt…

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