Die Veränderungen im Social Media Marketing waren schon immer sehr schnell und vielfältig. Hierzu zählen Änderungen bei der Nutzung von sozialen Netzwerken, der Push von neuen Formaten und dadurch bedingten Kreativ-Ansätzen und natürlich jede Menge frische Features. Speziell bei den Features hat das Tempo nochmals angezogen und nahezu wöchentlich wird über Tests und Verbesserungen von Funktionen berichtet.
Deswegen gilt für 2022 auch mal wieder, dass man als Social Media und Digital Marketing Manager*in immer am Ball bleiben muss. Es wird aber auch immer wichtiger, Neuigkeiten zu filtern und sich auf die Relevanz von Änderungen zu konzentrieren.
Schafft man es diesen persönlichen Filter zu entwickeln, dann tritt trotz der ganzen Schnelllebigkeit eine Erkenntnis auf. Vieles ändert sich, aber genauso viel wiederholt sich auch.
Alles neu und doch irgendwie alles gleich
Ein perfektes Beispiel für die Wiederholungen im Social Media Marketing, sind die Meinungen, Diskussionen und Empfehlungen zu Algorithmen in sozialen Netzwerken. Speziell auf LinkedIn wurde in 2021 viel darüber spekuliert. Wie muss ein Post aufbereitet sein, um vom Algorithmus belohnt zu werden.
Dabei ging es mal wieder um die Anzahl von Hashtags, über angebliche sinkende Reichweite durch Tools und warum Link-Posts doch so schlecht performen. Es gibt noch weitere Thesen. Fakt ist, dass es nahezu 1zu1 die gleichen Punkte sind, die bereits für Facebook oder Instagram (natürlich ohne Link-Posts) im Raum stehen. Und das nicht für 2021, sondern eher für 2015.
Natürlich haben alle Algorithmen von sozialen Netzwerken ihre eigenen Besonderheiten. Das Grundprinzip ist jedoch immer das gleiche. So ist die Verweildauer mit Inhalten nicht nur auf LinkedIn ein Faktor. Sie ist ein Faktor in jedem sozialen Netzwerk und das seit Jahren. Wer denkt, LinkedIn hat das Rad neu erfunden, liegt falsch.
Selbstverständlich ist die Verweildauer auch auf TikTok mitentscheidend. Funktioniert TikTok jetzt wie LinkedIn? Selbstverständlich nicht, aber die Art und Weise, wie sich Inhalte verbreiten und welche sozialen Signale von sozialen Netzwerken dafür genutzt werden, ist oftmals ähnlicher, als von vielen “Expert*innen” suggeriert wird.
Soziale Netzwerke richten sich an Creator*innen aus
Als Mitarbeiter*in in einem Unternehmen oder in Agenturen hat man sich in 2021 sicher einmal gefragt, gibt es eigentlich noch Updates, welche sich nicht auf Creator*innen beziehen, oder an deren Social Media Nutzung ausgerichtet sind?
Klammern wir einmal den Social Advertising Bereich aus, sind von zehn Updates acht für Creator*innen bestimmt. Das ist verständlich, da diese Gruppe hauptsächlich dafür verantwortlich ist, dass Menschen genügend Inhalte in ihren Feeds und Stories angezeigt bekommen. Für mich auch absolut kein Problem.
Ein Problem entsteht aber dann, wenn Unternehmen denken, sie müssten selber wie Creator*innen agieren. Beispielsweise gab es von Instagram eine Empfehlung an Creator*innen, welche sich auf die optimale Anzahl von veröffentlichten Inhalten und Formaten bezieht. Wenn solche Informationen bei euch ankommen, dann sind sie wichtig, müssen aber auch entsprechend eingeordnet werden. Eure Instagram und TikTok Business-Accounts sind keine Creator Accounts.
Noch wichtiger, Creator*innen verfolgen auf sozialen Netzwerken andere Ziele, haben andere Strategien und nutzen andere Taktiken.
Die Bedeutung von Creator* und Influencer*innen wird in 2022 weiter sehr hoch bleiben. Kampagnen, Relations, Promotions und Kooperationen bei der Content-Produktion sind essenziell für das Social Media Marketing in 2022. Aber eben mit Creator*innen zusammen und nicht als Unternehmen, welches versucht wie ein Creator aufzutreten und meist kläglich scheitert. Das war damals schon so, als Unternehmen auf Snapchat dachten, sie seien DJ Khaled. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Social Audio – Durchbruch oder Nische
Wenn ein neues Format in 2021 für Aufmerksamkeit gesorgt hat (ja, es gab auch Reels), dann war es Social Audio. Der Clubhouse-Hype kam extrem schnell, war aber mindestens genauso schnell wieder vorbei. Um den neuen Wettbewerber direkt im Keim zu ersticken, haben Facebook und Twitter nicht lange gewartet und eigene Social Audio Formate gestartet. Aber was haben sie wirklich bewegt?
Social Audio ist ein spannendes Format, aber die Sichtbarkeit ist auf Facebook quasi nicht existent. Außer den üblichen Verdächtigen wie Gary Vaynerchuck, habe ich kaum regelmäßig Social Audio Streams auf Facebook gesehen. In meine Augen hat Twitter mit Spaces die beste Umsetzung abgeliefert und sein eigenes Audio-Format nun auch prominent in die App integriert. Wenn ich also aktuell an Social Audio denke, dann an Twitter Spaces.
Auch hier ist es wichtig das Format zu verstehen und sich auch realistische Ziele zu setzen. Unternehmen werden mit Social Audio nicht die Reichweiten wie mit beispielsweise Videos bekommen. Ein bisschen ist es, zumindest bezogen auf die Reichweite, vergleichbar mit Live-Streams. Da die Inhalte nur zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbar sind und auch nur zu diesem Zeitpunkt die Interaktionen, also der Reiz von Social Audio, stattfindet, werden Unternehmen nur in den seltensten Fällen große Reichweiten erzielen.
Das ist aber kein Problem, sondern macht sogar den Reiz aus. Mit Social Audio können Unternehmen zwar eine kleinere Anzahl von Personen erreichen, diese aber über einen langen Zeitraum. Sprich, die Auseinandersetzung mit den präsentierten Inhalten ist deutlich intensiver.
Meine Erfahrung mit Social Audio hat gezeigt, dass je spezieller das Thema ist, umso besser war der Audio-Stream. Unternehmen können den Kontakt zu Zielgruppen intensivieren, die schon tiefer in bestimmten Themen stecken, beziehungsweise schon einen engen Kontakt zum eigenen Unternehmen haben. Denkt auch immer daran, dass Social Audio auch von der Interaktivität und dem Austausch lebt. Haltet keine Monologe, setzt euch realistische Ziele und dann können wir mit Social Audio in 2022 noch viel Spaß haben.
Die Copy-Cat-Freude von Instagram als Problem
Instagram, beziehungsweise Facebook, beziehungsweise Meta haben schon immer erfolgreiche Funktionen und Formate von Wettbewerbern übernommen. Seien es Stories, die genannten Social Audio Features, oder auch Reels.
Das ist eine der stärken von Meta und man kann sagen, niemand adaptiert so gut wie sie es tun. Hallo Google.
Mit den diversen Stickern und Funktionen hat Instagram das Story-Format deutlich weiterentwickelt und auch eigenen “neue” Features präsentiert. Bei Reels fehlt das und nahezu jedes angekündigte Update ist eine TikTok-Kopie. In meinen Augen muss Instagram Reels aber analog zu Instagram Stories weiterentwickeln und eigenen Funktionen präsentieren, die TikTok nicht bietet.
Snapchat war damals deutlich kleiner als TikTok. Für 2022 wurden bereits 1,5 Mrd. TikTok Nutzer*innen prognostiziert. Sprich 1,5 Mrd. Menschen kennen die TikTok-Features. Auch wenn Instagram jetzt bei inoffiziellen 2 Mrd. Nutzer*innen liegt, ist es eine vollkommen andere Situation, als damals mit Snapchat.
Hinzu kommt, dass Instagram seinen Fokus auf die Gen Z richtet. Wenn es große Überschneidungen bei der Nutzung von Instagram und TikTok gibt, dann in genau dieser Zielgruppe.
Aus diesem Grund würde ich es begrüßen, wenn Reels keine reine TikTok-Kopie bleiben. Schaut man sich die Entwicklung von Stories an, dann können wir durchaus hoffen.
Zu viel Fokus auf die Gen Z?
Meta wird sich in den kommenden Jahren speziell auf jüngere Zielgruppen konzentrieren. Neue Features und Entwicklungen werden gezielt an der Gen Z ausgerichtet. Anstatt alle Zielgruppen zu bedienen, heißt es jetzt ganz klar: Fokus auf Gen Z.
Warum Meta, Instagram im Speziellen, so agiert, ist verständlich. Jüngere Generationen werden die Zukunft von Instagram und Co. bestimmen. In einigen Märkten sieht Instagram die Situation bei der Teenager-Nutzung als besorgniserregend. Gründe dafür sind der Aufstieg von TikTok und die stetige Abwanderung jüngerer Nutzer*innen von Facebook.
All die Gründe rechtfertigen die Bedeutung der Gen Z für Meta. Wenn aber so klar kommuniziert wird, dass ein Großteil der Änderungen ältere Nutzergruppen ignoriert, kann dies natürlich auch zu negativen Effekten führen. Bzw. was macht Meta, wenn sich Wettbewerber nun speziell auf ältere Zielgruppen konzentrieren.
Meta hat die Power, um alle Zielgruppen bestmöglich zu bedienen und sollte dies auch tun.
Das Metaverse braucht noch Zeit. Viel Zeit
Wann kommt den jetzt eigentlich dieses Metaverse? In 2022 noch nicht. Es wird noch einiges an Zeit vergehen, bis wir die Visionen von Zuckerberg und Co. wirklich erleben können. Das Metaverse ist auch mehr, als ein Konzert innerhalb von Fortnite, beziehungsweise stellt dies den absoluten Anfang dar.
Sicher werden Meta, Apple und Google viel zu diesem Thema in 2022 kommunizieren. Wir werden neue und verbesserte Hardware sehen, aber vieles davon wird noch die “first generation” sein. Dennoch werden wir ein klareres Bild darüber bekommen, wie die Visionen von Meta und Co. genau aussehen. Wir werden auch von vielen weiteren Playern hören, die wir jetzt noch nicht auf dem Schirm haben.
Ein super spannendes Thema, aber auch in 2022 wird es noch viel Zukunftsmusik sein.
Blogger in Charge bei Futurebiz, Speaker, Autor und Senior Digital & Social Media Berater bei der Agentur BRANDPUNKT. Jan Firsching berät Marken und Unternehmen bei der Entwicklung von digitalen und Social Media Strategien. Zu Futurebiz Consulting
Blogger in charge at Futurebiz. Speaker, author and senior digital & social media consultant at the BRANDPUNKT agency. Jan Firsching advises brands and companies on the development and implementation of digital and social media strategies.